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eine Pistole gezogen und ihn durch zwölf Schüsse in die Brust getötet hatte. Zeitungen
berichteten, dass der Mann bei jedem Schuss „Gol“ geschrien hatte.
Ob das nur ein Fall von kolumbianischem Fußballfanatismus war oder doch etwas anderes
dahintersteckte, bleibt ungeklärt. In Kolumbien erzählte man sich, dass die Drogenkartelle
die Nationalmannschaft mit hohen Geldsummen unterstützt hatten - beträchtliche Sum-
men, die nun in einen Sieg der USA geflossen waren. Nach seiner Eliminierung hatte sich
die kolumbianische Mannschaft erheblich verbessert und im letzten Spiel in ihrer Gruppe
die Schweiz mit 2:1 geschlagen - eine Leistung, die Spekulationen über ihre schlechte Auf-
stellung in den zwei vorangegangenen Spielen nur noch mehr angeheizt hatte.
Karneval
Der Karneval begann. Ganz Barranquilla säumte die Route des Umzugs. Wir fanden einen
Platz zwischen einem Essensstand und einem Bierzelt, die beide Salsa heraus plärrten. Alle
tanzten, tranken und verschütten Wasser. „Die Mädchen in Barranquilla sind die schönsten
in ganz Kolumbien“, versicherte uns ein Mann neben uns und bot uns Rum an. Kleine Jun-
gen schlängelten sich durch die Menge und boten kleine Schachteln mit Kalkpuder zum
Herumwerfen an. Jugendliche liefen vorbei, die mit ihren Wasserpistolen auf alle Mädchen
schossen, die sie sahen.
Der Umzug war eine Enttäuschung, vielleicht, weil wir am Ende der Route standen und
die Tänzerinnen schon erschöpft waren. Sie gingen unter lautem Jubel vorbei, aber ohne
Musik; die meisten Wagen waren nicht mehr als Werbungen für örtliche Rum- oder Bier-
firmen. Es spielte aber keine Rolle.
Als sie ankamen, waren die meisten Leute zu betrunken, durchnässt und eingekalkt, als
dass es ihnen etwas ausgemacht hätte. Teenager trugen billige Plastik-Masken - Goril-
las, Zombies oder einäugige Zyklopen. Männer warfen lebende Schlangen (mit zugenäht-
en Mäulern) um den Hals eines verängstigten „Opfers“, das natürlich immer ein hübsches
Mädchen war. Betrunkene Duos, die wie Rambo gekleidet waren und hölzerne
Maschinengewehre hatten, streiften durch die Menge; manche hatten sich auch mit schwar-
zer Farbe und Spielzeug-Pfeil-und-Bogen als indianische oder afrikanische Krieger
verkleidet und vollführten gespielte Raubüberfälle. Es wurde erwartet, dass man ihnen ein
paar Münzen gab, um gehen zu dürfen. Transvestiten tänzelten vorbei. In der ganzen Stadt
stolzierten Männer mit Bierdosen in der Hand in blonden Afro-Valderrama-Perücken und
gelben kolumbianischen Fußball-Hemden herum.
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