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Kolumbien schaffte es nicht bis zum WM-Titel. Sie flogen in der ersten Runde raus,
nachdem sie gegen Rumänien und die USA verloren hatten. Rauszufliegen war schon
schlimm, aber gegen die USA zu verlieren war eine nationale Demütigung. Denn erstens
hatten die USA nicht einmal eine professionelle Fußball-Liga. Aber schlimmer noch … es
waren die USA - die verhassten Gringos.
Das Verhältnis zwischen den USA und Kolumbien ist eine offene Wunde. Erstens haben
sie Panama nicht verschmerzt, das bis 1903 zu Kolumbien gehört hatte - bis die USA eine
Unabhängigkeitsbewegung finanziert hatten, um einen abhängigen Staat für den Panama-
Kanal zu schaffen. Zweitens dominieren die USA ihre Wirtschaft. Drittens üben die USA
Druck aus, um das Kokain auszurotten: Die USA geben kolumbianischen Politikern keine
Visa; sie drohen mit Handelsembargos; sie fliegen Truppen nach Kolumbien ein; sie finan-
zieren das Besprühen von Koka-Feldern mit giftigen Chemikalien aus der Luft.
Das Kokain ist in Kolumbien weniger unpopulär. Der legendäre Boss des Medellín-Kar-
tells, Pablo Escobar, kultivierte eine Art Robin-Hood-Image, indem er Sport-Zentren und
ein komplettes Barrio für arme Familien baute. (Außerdem war er ein psychopathischer
Ex-Hitman.) Der Verkauf von Kokain an die USA ernährt viele Kolumbianer, arme wie
reiche. Sogar das Wohlergehen des kolumbianischen Fußballs hängt vom Kokain ab. In
den 1980ern haben die Drogenkartelle die kolumbianischen Fußballmannschaften vor dem
Bankrott gerettet (was zugleich eine ideale Möglichkeit der Geldwäsche war); heute zähle
die kolumbianischen Fußballvereine zu den reichsten und erfolgreichsten des Kontinents.
Das Kokain hat Kolumbien auch nicht in die Anarchie versinken lassen: Weniger als ein
Prozent der Morde im Land haben mit Drogen zu tun. In den USA gibt es im Zusammen-
hang mit Drogen mehr Morde als in Kolumbien.
„Ich hasse Gringos“, sagte unser Taxifahrer und drehte sich zu uns um, während er ein Auto
überholte. „Aber wir sind Gringos“, sagte ich nervös. „Nein, ihr seid Engländer“, erklärte
er. „Das ist nix Gringo. Ein Gringo ist Norteamerikano . Ein Yankee.“ Er spuckte aus dem
Fenster und pfiff gleichzeitig einem Mädchen auf der anderen Straßenseite zu.
Die kolumbianische Mannschaft hatte eine Chance gehabt, die Yankees zu schlagen: Für
jeden Bauern, der ums Überleben kämpfte, wenn der Kaffeepreis fiel; für jedes Straßen-
kind, das Klebstoff schnüffelte, um seinem Hunger zu entfliehen. Sie haben es vermasselt.
Die USA gewannen 2:1.
Eines der Tore war ein Eigentor gewesen - durch einen kolumbianischen Verteidiger,
Andrés Escobar (nicht verwandt mit Pablo). Kurz nach dem Spiel war Escobar aus einem
Restaurant in seiner Nachbarschaft gekommen, als ein Mann auf ihn zu gegangen war,
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