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Melissa war schon zu viel geritten. Ihr Hintern, der von Natur aus nicht allzu gut gepolstert
war, war nach Tagen im Sattel wundgeritten, sodass sie hinten einen leuchtend roten Kreis
hatte, wie ein brünstiger Schimpanse. Als wir in Tierradentro losritten, musste sie ihren Sat-
tel mit jedem verfügbaren Pulli polstern. Die folgende Woche schlief sie auf dem Bauch.
Zum Glück waren wir nicht der romanischen Idee erlegen, unsere eigenen Pferde zu kaufen
und darauf nach Ecuador zu reiten. Stefano, unser Führer in San Agustín, hatte im vor-
angegangenen Jahr zwei englischen Mädchen geholfen, genau das zu tun. Sie hatten ihm
von Quito aus geschrieben, dass sie es geschafft und die Pferde mit Gewinn verkauft hat-
ten. Tierradentro war muy tranquillo - äußerst friedlich. Es wäre uns leicht gefallen, noch
länger zu bleiben. Wir hatten aber eine Art Deadline, denn wir wollten Mark zum Karneval
in Barranquilla treffen. Eine Reise entwickelt immer ihr bestimmtes Zeitgefühl; nun hat-
ten wir das Gefühl, dass es an der Zeit war, weiterzuziehen. Wir bestiegen einen Bus nach
Bogotá.
Bogota
Kolumbiens Hauptstadt hat einen schlechten Ruf. Die meisten Menschen assoziieren sie
mit Drogen und Morden. Melissa und ich mochten Großstädte sowieso nicht allzu sehr.
Unser einziger Grund, in Bogotá einen Zwischenstopp einzulegen, bestand darin, Wander-
karten für zwei weiter nördlich gelegene Regionen zu kaufen - die Sierra Nevadas von
Cocuy und Santa Marta.
Bogotá liegt in der Mitte des Landes in einem weiten Tal. Das Klima ist angenehm. Die
Stadt wird von grünen Hügeln flankiert. Sie erscheint fast europäisch, mit Wohnblocks
und Bürohochhäusern, Einkaufsarkaden und dichtem Verkehr. Sie machte keinen allzu ge-
fährlichen Eindruck. Der Taxifahrer, der uns am Busbahnhof abholte, sah das anders. Wir
zeigten ihm die Adresse eines Hotels unserer Wahl. Er lehnte ab.
„Nein. Sie können dort nicht hingehen. Ich werde sie nicht hinfahren. Sie werden umge-
bracht.“ Wir bestanden aber darauf. Er wurde allmählich nervös. „Ich kann sie nicht dort
hinbringen“, wiederholte er. Stattdessen brachte er uns zu einem Hotel in einem ander-
en Stadtteil, das fünfmal soviel kostete wie das Hotel unserer Wahl. Wir sagten, es sei zu
teuer. Er brachte uns zu einem anderen, das ungefähr genauso teuer war. Geduldig erklärte
ich, dass wir in genau das Hotel wollten, das wir ursprünglich ausgesucht hatten. „Ah, ich
kenne noch eins. Sehr schön. Und sicher.“ Allmählich wurde es spät. Wir waren genervt.
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