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Cuyabeno
Cuyabeno ist ein Stück ursprünglicher Regenwald, das nur von ein paar Indianer-Ge-
meinden bewohnt wird. Wegen seines reichen Ökosystems und seiner Artenvielfalt ist es
zum Nationalpark erklärt worden. Seinen Mittelpunkt, den man durch eine zweitägige Kan-
ufahrt erreicht, bilden einige kleine Seen namens Lagunas Grandes. (Der Name stammt of-
fensichtlich von einem Grundstücksmakler.)
Es hat auch Ölquellen und war Schauplatz einiger der schlimmsten Ölverschmutzungen im
Amazonas. Soviel zum Thema „geschütztes Gebiet“. Für uns wirkte es aber unberührt. Es
hätte der Garten Eden selbst sein können.
Der Bus aus Dureno setzte uns am Büro des Parks ab, einer hölzernen Baracke auf Stelzen,
die von einem halben Dutzend ähnlicher Häuser umgeben war. Es war geschlossen.
Niemand war in der Nähe. Nach ein paar Stunden brausten zwei Parkbeamte in einem Jeep
den Feldweg entlang. „Nein, es gibt hier keine Führer“, sagten sie und gingen davon. Eine
Stunde später kamen sie mit einem stämmigen indianischen Mann Mitte Vierzig zurück,
der ein T-Shirt, Shorts und Gummistiefel trug. „Modesto wird sie führen“; sagten sie. „Er
ist nur ein Fischer, aber er kennt den Weg.“
Modesto strahlte uns an. Zwanzig Minuten später waren wir unterwegs. Im Gepäck hatten
wir ein paar Dosen Sardinen und etwas Reis. Modesto hatte nichts außer Fernando, einem
jungen, ungefähr achtzehnjährigen Kerl mit einem bereitwilligen Lächeln. Bis in den
späten Nachmittag glitten wir in Modestos hölzernem Einbaum stromabwärts. Dann schlu-
gen wir an einem schlammigen Flussufer unser Lager auf, wo wir unsere spartanischen Ra-
tionen teilten und uns vor dem nächtlichen Sturm in unser Zelt verkrochen. Modesto und
Fernando schliefen unter einer Plastikplane.
Der nächste Morgen war sonnig. Fernando paddelte uns sanft flussabwärts; während der
Fahrt duckten wir uns immer wieder unter umgefallene Baumstämme. Wir konnten nicht
weiter sehen als bis zur dichten grünen Wand aus Bäumen, die den engen, schlammroten
Fluss säumte. Hinter jeder Biegung hockten Vögel jeder Größe und Farbe. Jähe Ausbrüche
des Kreischens oder das aufgeregte Geschnatter von Klammeraffen weit oben im Blätter-
dach durchstachen die unheimlichen Augenblicke der Stille. Bäume knisterten vom ohren-
betäubenden elektrischen Zirpen der Grillen.
In Ecuador leben, falls es jemanden interessiert, über 1500 bekannte Vogelarten. Laut
meinem Reiseführer gibt es 45 Arten von Papageien, neunzehn verschiedene Tukane, 167
verschiedene Fliegenfänger, 133 Tangaren, 110 Ameisenfänger, 43 Schmuckvögel und 120
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