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Liane der Seele
„In dieser Welt der Yage kann man niemals zwischen Scheiße und Heiligkeit unter-
scheiden.“ Schamanismus, Kolonialismus und der Wilde Mensch, M. T. Taussig
Laureano stimmte zu, uns etwas von der Ayahuasca versuchen zu lassen. Er sagte, es würde
aus einem kleinen Büschel zubereitet, der gemahlen und acht Stunden lang gekocht würde.
Delfin sagte, es gebe im Dorf eine Art Halbschamanen (einen „Pocoshaman“ ), der wisse,
wie man den Trank zubereiten würde. Herbert ließ sich schnell überreden. „Eine solche
Gelegenheit bietet sich nicht jeden Tag“, sagte er. „Ich werde euch drei nur zusehen“, sagte
Melissa. „Ihr wisst, dass ich niemals psychedelische Drogen nehme.“
Wir verbrachten den Tag in Laureanos Haus, während der Pocoshaman den Trank zubereit-
ete. Delfin und Laureano gingen weg, um rund eine Meile flussabwärts einige Unterkünfte
für uns zu bauen. Bis zum frühen Abend hatten sie zwei Lauben aus Ästen konstruiert, mit
Böden aus riesigen Blättern, die im Flussbett selbst standen. Da es Trockenzeit war, war
der Wasserstand niedrig und legte weite Flächen von Sand und Kies frei.
„Ihr müsst vom Dorf weggehen“, erklärte Laureano, „damit ihr keine Kinder erschreckt.“
„Kinder erschrecken“, witzelte Mark. „Was denkt er denn, was mit uns wohl geschehen
wird?“ „Ich glaube nicht, dass ich irgendwelche psychedelischen Drogen nehmen möchte“,
wiederholte Melissa. Delfin führte uns zu den Lauben. Aus einem trat der Pocoshaman
heraus, prächtig geschmückt mit einem Federkopfschmuck, Federamuletten und einem
knielangen blauen Kittel, unter dem er ein Paar Levis trug. (In den 1920ern hatten Mis-
sionare die Cofan dazu gebracht, die Kittel zu tragen, die sie Cushus nennen, anstatt nackt
herumzulaufen.)
Der Pocoshaman stellte den Topf in den Sand und rief uns nacheinander einzeln nach vorn.
Mark machte, wie immer, den Anfang. Dann kam Melissa.
„Ich will eben nicht übergangen werden“, sagte sie. Der Pocoshaman füllte eine
Kokosnuss-Schale mit einem dicken weißlichen Sirup. Bevor wir tranken, träufelte er ein
paar Tropfen Wasser über unsere Köpfe und murmelte ein paar Worte in Cofan. Delfin
sagte, dass es ohne das Wasser nicht funktionieren würde. Wir tranken jeder noch eine
Schale. Mark schaffte ein dritte, bevor der Topf leer war. Der Poco-Shaman und der andere
Cofan-Mann tranken je zwei Schalen. Delfin nahm gar nichts.
„Nur für den Fall, das etwas schiefgeht“, sagte er. „Hat er gerade gesagt ‚falls etwas
schiefgeht'?“, fragte Melissa nervös. „Was ist mit diesem anderen Typ?“, fragte Mark.
„Oh, er wollte es nur einmal probieren. Er hat es bis jetzt noch nie genommen.“ Delfin
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