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Planung
Körperlich war Mark eine Super-Werbung für eine reine Speed-Diät. Er war hochgewach-
sen, schlank und muskulös und blieb stets bei bester Gesundheit. Die Amphetamine ließen
seine Adern und Muskeln anschwellen wie bei einem Boxer, der sich gerade für einen
Kampf warmgemacht hat. Trotzdem hatten wir beide das Gefühl, dass er eine Abwechslung
nötig hatte, bevor er noch tiefer in seinen trägen Lebensstil versank. Außerdem war klar,
dass ihn seine Schulden irgendwann einholen würden. „Du solltest mal verreisen“, sagte
ich zu ihm. Eigentlich meinte ich, dass ich selbst verreisen wollte und ihn für einen guten
Begleiter hielt. Perfekt war er nicht: Er war zu egoistisch und extrem. Aber man musste ihn
nehmen wie er war. Er sprühte vor Vitalität und Unternehmungslust. Er hielt sich selbst für
Superman - unbesiegbar und unzerstörbar. Und wenn man mit ihm zusammen war, neigte
man dazu, sich ebenso zu fühlen.
Für ihn war das Leben ein Spiel. Verrückte Dinge gehörten dazu (z.B. als einer seinen
Dobermann mit LSD fütterte und dieser auf einer Party mitten auf dem Teppich ejak-
ulierte). Mir schien, dass es auch gut war, ihn dabei zu haben, wenn wir einmal in ernste
Schwierigkeiten geraten würden - z.B. wenn wir verhaftet würden oder uns unseren
Weg aus einer Gasse in einem Slum freikämpfen mussten. Mark konnte mit so einer
Scheiße umgehen - auch wenn er uns wahrscheinlich überhaupt erst hineinreiten würde.
Ich plante den üblichen Trip nach Asien. Ich hatte Monate mit entsprechenden Recherchen
zugebracht. Ich hatte Papierfetzen mit Zeitplänen vollgekritzelt - wann ich Lederrück-
enschildkröten in Malaysia und Komodowarane in Indonesien sehen würde; wie ich den
Monsun in Indien vermeiden und trotzdem in der kühlen Saison nach Thailand kommen
würde.
Dann sah Mark eine Sendung über halluzinogene Pflanzen in Südamerika. „Komm, gehen
wir dahin“, schlug er vor. Naja, warum nicht? Ich arbeitete mich durch einen weiteren hast-
ig zusammengetragenen Berg von Reiseführern. Ich rief bei Reisebüros an. Ich erstellte
Ausrüstungslisten. Ich grübelte über Landkarten und plante Routen. Mark ging auf ein Feld
und sammelte zweitausend Psilos. Es war noch ein Monat bis zur Abreise, und Mark hatte
immer noch immense Schulden. Ich schlug ihm vor, nach Amsterdam zu gehen und dann
die Reiseversicherung zu betrügen, aber er war zu faul dazu. Ich schlug ihm vor, sein Mo-
torrad zu verkaufen, aber er konnte sich nicht dazu überwinden, sich davon trennen. Aber
dann hatten wir die Idee, dass er eine Privatinsolvenz anmelden könnte: Man füllt ein-
fach ein Formular aus, und alle Schulden sind gelöscht. Die Sache musste doch wohl einen
Haken haben? Sie hatte aber keinen. Mit einem Schlag - wie man so sagt - war er frei.
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