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und Unabhängigkeit ging es mir doch im Grunde genommen bei dieser Fahrt. Es
ging nicht um das Erreichen eines geographischen Ziels oder eine sportliche Leis-
tung. Auch das Knüpfen eines Netzwerkes für eventuelle spätere Aktivitäten stand
nicht auf meiner Agenda. So wohlmeinend und liebenswürdig dieses Angebot war,
ich musste einen diplomatischen Weg finden, um es abzulehnen. Ich fing an zu
grübeln. Wie sollte ich das jemandem erklären? Ohne ihn vor den Kopf zu stoßen?
Ohne die Hintergründe aufzulisten?
Seine Stimme unterbrach meine Gedanken.
»Doch lieber der Campingplatz?«
»Ja.«
Ich war erleichtert. Wir Ritter der Radwege verstehen uns auch ohne Worte.
Selbst wenn wir andere Motive vorgeben, im Grunde suchen wir alle das Gleiche
und im Unterbewusstsein wissen wir das auch. Empathie ist da eine selbstver-
ständliche Folge.
Ein Blick zur Seite in das lächelnde Gesicht meines Begleiters zeigte mir, wie
recht ich hatte.
Bald darauf verließ er mich auf einem Nebenweg und ich genoss die Fahrt am
Neckar entlang. Die noch grünen Halme des Schilfs waren von Wicken umwun-
den, welche die weißen Monroe-Röckchen ihrer Blüten im aufkommenden Abend-
wind fröhlich flattern ließen. Die Masse der Radfahrer hatte ich hinter mir gelassen.
Die Sonne hatte ihr Gleißen verloren und tauchte die Landschaft in ein goldenes
Licht. Die quälende Hitze verlor ihre sadistischen Züge und gab sich sanft und
schmeichelnd.
»Es sind noch 28 km bis zum Cannstadter Wasen.« erklärte mir ein Spazier-
gänger, neben dem ich kurz angehalten hatte.
»Zu viel?«
Ich schüttelte den Kopf. Das war keine große Entfernung mehr für mich.
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