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Ein Rennrad wäre das gewesen, ergänzte er noch. Dann stellte er fest, dass
er jetzt gehen müsse. Wegen der »Fraa«! Er trank hastig sein Bier aus und ver-
schwand.
Ich schaute mich in der Gaststube um. In der Ecke an einem Einzeltisch saß
eine große ältere Frau vor einer Tasse Tee, steif aufgerichtet, unbeweglich mit
versteinertem Gesicht und toten Augen vor sich hinstarrend. Daneben, mit dem
Rücken zu ihr ein langer, dünner, schief gewachsener Mann von höchstens dreißig
Jahren. Sein Blick ging in die andere Ecke des Raumes, wo vor dem Fenster ein
Pärchen tafelte. Der Mann war elegant gekleidet: helles Jackett, blaues Hemd, sil-
bergraue Krawatte. Die Frau ihm gegenüber war klein, und hatte ein asiatisches
Aussehen. Vermutlich eine Thailänderin.
Der gut Gekleidete hob sein Glas mit Rotwein und prostete dem Schiefgewach-
senen zu. Er erzählte von mehr oder weniger erfolgreichen Immobiliengeschäften,
die er in der näheren Umgebung vermittelt hatte. Das Gesicht des Schiefgewach-
senen rötete sich als ihm die Summen, um die es dabei gegangen war zu Ohren
kamen. Er hob unbewusst die Hände und seine Finger krümmten sich in gierigem
Verlangen. Ein krampfhaftes breites Grinsen verzerrte sein Gesicht. Das schien
den Makler an seine Begleiterin zu erinnern. In wütender Alkoholstimmung fuhr er
sie plötzlich heftig an:
»Starr nicht immer auf meine Brieftasche. Da ist kein Geld drin. Nur Rechnun-
gen.«
Er sprang auf und blieb vor meinem Tisch stehen.
»Die sind doch hoffentlich bezahlt, diese Rechnungen.« sagte ich.
Seine Stimmung schlug um. Er lachte mich an.
»Wir spielen in der gleichen Liga«, stellte er fest und ging zu Tür hinaus. Die
kleine Asiatin folgte ihm mit besorgter Miene, wie ein braves Hündchen.
Vor den Fenstern war die Nacht heraufgezogen. Irgendwo leuchtete gelb eine
Straßenlaterne. Ich trollte mich zu meinem Zelt.
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