Travel Reference
In-Depth Information
glocken im Hintergrund, über die letzten Ereignisse meiner Reise, brach das Ge-
spräch aber ab um, vor den ersten dicken Tropfen zu meinem Zelt zu flüchten.
Der Himmel hatte beschlossen, die Landschaft einer gründlichen Reinigung,
zu unterziehen. Er drehte die Dusche bis zum Anschlag auf, sodass die Bäume
unter der Last der herabprasselnden Wassermassen erschrocken die Zweige an
die Stämme legten. Mein Zelt aber hielt dicht. Auch durch den Boden drang das
Wasser nicht mehr in gefährliche Bereiche vor, weil ich auf die glückliche Idee
gekommen war, die mitgebrachte Plastikplane nicht unter das Zelt zu legen, son-
dern im Inneren auszubreiten. Also konnte ich mich meinem Leberkäse widmen
und ein paar Sätze auf den Rekorder sprechen, die aber im Rauschen untergin-
gen. Später konnte man nur noch ein erstauntes:
»Ja mei, haut`s da, was runter«, heraushören.
Irgendwann dachten die Götter an die Wasserrechnung und drehten den Hahn
wieder zu. Ich machte mich erneut auf den Weg in den Ort. Straßen und Häuser
glänzten blitzsauber im Licht der Abendsonne. Der Gehweg der Hauptstraße
führte unter Arkaden hindurch. Dort hatte der Regen seine Reinigungskraft nicht
ausüben können. Es gab Staub und Hundekot auf dem Pflaster und Graffiti an
den Wänden. Unter diesen fand ich mit Filzstift auf den zerbröckelten, weiß über-
tünchten Putz geschrieben eine Liebeserklärung, die durch ihre Schlichtheit und
verständnisvolle Innigkeit zu den bezauberndsten gehörte, die mir je vor Augen
gekommen waren. Ich fotografierte sie.
Ziemlich am Ortsausgang traf ich auf ein grünes Schild, das mich zum Kloster
Engelberg locken wollte. Diesmal gab ich ihm nach. Bald danach teilte mir ein
braunes Schild mit, dass ich mich auf dem Eselsweg befände. Auf einem solchen
befand ich mich wohl schon mein Leben lang, aber es war das erste Mal, dass
man mich so direkt darauf hinwies, ja, es mir sogar schriftlich gab.
Dieser Weg hier war aber ein sehr schöner. Er führte unter hohen Bäumen den
Berg hinauf, an einem grasbedeckten Höhenrücken und einer Ansammlung von
Felsgestein vorbei, bis hinter die Klosterkirche. Dort verließ ich ihn. Der Eselsweg,
ein alter, von Legenden umsponnener Handelsweg, verschwand im Wald hinter
dem Höhenrücken. Ich befand mich alleine hier oben. Das Gewitter hatte alle Be-
sucher vertrieben. Die Kirchentüre war geschlossen. Ich streunte ein wenig her-
um, entdeckte einen architektonisch korrekt im französischen Stil gehaltenen Blu-
Search WWH ::




Custom Search