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Bis - ja, bis die Baustelle kam. Der ideale Weg war zu Ende. Es ging bergauf über
eine Brücke und dann hinein in ein feines Wohngebiet. Der bebauten Hügel wur-
den immer mehr und auf den immer noch vorhandenen Schildern standen alle
möglichen Stadtteile, nur nicht Senne. Zudem verlor der Himmel alle Hemmun-
gen und weinte sich wie ein hysterisches Weib über mir aus. Ich drehte um und
flüchtete unter eine Bushaltestelle. Es hörte nicht auf, zu schütten. Ich musste
meinen Regenanzug überziehen. Nur war es dafür eigentlich zu warm.
Wohngebiete sind an Werktagen meistens ziemlich menschenleer. Ich
überzeugte mich, dass es hier genau so war. Dann vergaß ich alle anerzogene
Scheu, zog mich bis auf die Unterwäsche aus und hüllte mich in das schützende
Regenzeug.
Jetzt konnte es weiter gehen. Ich fuhr zurück zur Baustelle. Anscheinend hatte
irgendein Scherzbold die Schilder verdreht.
Also wechselte ich die Straßenseite und nahm die ursprüngliche Richtung
wieder auf. Eine gute Entscheidung, denn bald zeigte sich ein Straßenschild, auf
dem »Gütersloh« stand und etwas kleiner darunter »Verl«. Auf einem Extraschild
las ich dann sogar noch »Senne«. Damit war Bielefeld bald geschafft und ich er-
wischte auch richtig die Abfahrt nach Verl. Der Himmel liebt die Tüchtigen und die
Erfolgreichen. Er freute sich mit mir und wischte die Wolken von seiner Stirn. Also
zog ich die Regenklamotten aus und die Jeans wieder an.
Verl zeigte sich als ansehnliche Kleinstadt mit ordentlichen, kleinen Läden,
sauberen Häusern mit hübschen Vorgärten und noch hübscheren, blonden, ge-
sunden, rotwangigen, ländlich frischen, jungen Frauen. Eine von ihnen die neben
einem mageren, jungen Mann mit spätpubertären Pickeln und einem kleinen Bärt-
chen im Gesicht einherging, fragte ich, ob sie mir sagen könne, wie ich von hier
aus über Kaunitz nach Delbrück käme.
»Das ist ganz einfach«, meinte sie. »Sie müssen nur immer geradeaus fahren.
Dann kommen Sie an eine Kreuzung mit einem Schild und schon sind Sie auf dem
richtigen Weg.«
Der Pickelige nickte bestätigend. Dann fügte sie etwas verwirrt von der Vorstel-
lung jemand wolle mit dem Fahrrad dorthin gelangen erschrocken hinzu: »Das ist
aber weiiit!«
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