Biomedical Engineering Reference
In-Depth Information
Dogmatisch gesprochen, sind es die Gedanken der creatio continua und
vor allem der cooperatio, die hinter der Rede von der Bewahrung der Schöpfung
stehen: Die Welt ist nicht einmal geschaffen und muss fortan in diesem Zustand
bleiben, sondern die Erschaffung der Welt ist ein fortlaufender Prozess, bei
dem, so die Überzeugung neuerer christlicher Schöpfungstheologie, Gott und
Mensch zusammenwirken, um ein möglichst gutes Miteinander aller zu ermög-
lichen. Im Blick auf die gesellschaftliche Auseinandersetzung um die sog. „Grüne
Gentechnik“ scheint mir auch die Frage nach dem guten Miteinander, die Frage,
ob es sich bei diesen Verfahrensweisen nicht eher um den Aufbau neuer
Machtstrukturen, das Verdrängen von kleinräumigen Strukturen und um neue
(internationale) Abhängigkeiten handelt, im Vordergrund der Kontroverse zu
stehen. Dies aber ist weder durch Aussagen zur Risikobewertung noch unter
Verweis auf die grundsätzliche Ähnlichkeit zu klassischen Methoden der Züch-
tung zu kompensieren. Denn es geht in dieser Wahrnehmung nicht primär um
die Integrität einer Naturvorstellung, sondern um die Frage eines gedeihlichen,
am Prinzip des gegenseitigen Respekts und der Wertschätzung orientierten
Miteinanders. Die kritische Rezeption wird hierzulande befördert durch eine
(scheinbar!) evidente Nutzlosigkeit der Grünen Gentechnik bei der Lebensmit-
telproduktion - sie verspricht keinen evidenten Vorteil, sodass die Aufmerk-
samkeit sich schnell auf die vermeintlichen verdeckten Ziele richtet.
Aus der Perspektive der theologischen Ethik wird man diese Zugangsweise
vollständig unterstützen können. Denn wie eben kurz skizziert, bedeutet Schöp-
fung nach christlichem Verständnis gerade keine Orientierung an einem unver-
änderlichen Naturzustand. Nicht nur verhindern die Schwerter der Engel in
Gen 3,24 die Rückkehr in den Garten Eden. Ab Gen 4 sind die Kulturleistungen
des Menschen wie Städtebau, Handwerk oder Musik durchaus positiv konno-
tiert. Die Vorstellung, Gott habe die Welt perfekt geschaffen, passt darüber hin-
aus nicht zur christlichen Gottesvorstellung, der ein tätiger Gott ist, der mit der
Geschichte seines Volkes mitgeht, der sich verändert. Es passt aber auch nicht
zur christlichen Rede von der Freiheit des Menschen und von der noch ausste-
henden Erlösung am Ende der Tage. Allerdings beinhaltet die christliche Rede
von der Schöpfung in der Tat den bereits angedeuteten egalitären Zug: Un-
gleichheiten sind nur funktional legitim, nicht aber dort, wo es um ungerecht-
Search WWH ::




Custom Search