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In den Hamams, so sagt man, sei die osmanische Vergangenheit noch lebendig. Und wer
eines der historischen Dampfbäder besucht, glaubt, in eine andere Welt einzutauchen.
Man spürt die Schwere der heißnassen Luft, atmet den Geruch von Seife, vernimmt das
Geplätscher des Wassers und lauscht dem Gemurmel von glänzend nackten Menschen, die
in geheimnisvollem Licht auf marmornen Steinen liegen.
Ein Hamam ist in drei Bereiche gegliedert. Den camekân, den Eingangsbereich, schmückt
meist ein ausladender Brunnen. Drum herum befinden sich die Rezeption und die
Umkleidekabinen. Soğukluk heißt der Durchgang in den Schwitzbereich und Hauptteil des
Hamams, den hararet . Die große, von unten erwärmte Marmorplattform in der Mitte nennt
sich göbek taşı, Nabelstein. Auf ihn legt man sich zum Schwitzen und zur Massage. Davor
werden Sie mit einem rauen Lappen kräftig abgerieben, kese heißt diese Prozedur. Bei den
Frauen verrichten die Massage in guten Hamams schwergewichtige Masseurinnen, bei den
Männern drahtig-muskulöse Meister ihres Faches. Auch wenn Sie malträtiert werden wie
ein Wiener Schnitzel vorm Panieren - hinterher fühlen Sie sich gut und entspannt.
Die meisten Hamams besitzen separate Abteilungen für Männer (erkekler) und Frauen
(kadınlar) . Bei kleineren Bädern baden die Geschlechter zu unterschiedlichen Zeiten oder
an unterschiedlichen Tagen. Übrigens tragen Männer ein Tuch um die Lenden, Frauen
baden nackt. Handtücher braucht man nirgendwo mitzubringen.
Leider ist die Hamamkultur in der Türkei im Niedergang begriffen. Die Zeiten, als die
Hamams noch „Badeanstalten“ für die breite Gesellschaft waren, sind passee. Viele junge
Türken haben noch nie einen Hamam besucht, die Dusche zu Hause ist bequemer. Wer
noch ins traditionelle Badehaus geht, gehört nicht selten zu den sozial Schwachen. Ledig-
lich in konservativen Gegenden dienen die Hamams noch als Treffpunkte der sonst fast
ausschließlich ans Haus gebundenen Frauen. In den berühmten Hamams İstanbuls liegt
der Sachverhalt aber ein wenig anders. Hier ist zwar Geld für die nötige Pflege und Res-
taurierung vorhanden. Hier wird zuweilen aber auch kräftig abgezockt - als „Massage“
gilt nicht selten ein fünfminütiges liebloses Hämmern und Quetschen des Rückens zu
überzogenen Preisen. Hinzu kommt unfreundliches Personal mit frechen Trinkgeldforder-
ungen. Auch passiert es des Öfteren, dass in den Touristenhamams männliche Masseure
 
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