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Ahmet III. (1703-1730) war der erste Sultan, dessen Herrschaft aufgrund einer Revolte
beendet wurde. Für seine Regierungszeit - die Staatsgeschäfte hatte er seinem Großwesir
übergeben - steht der Begriff Lale Devri, Tulpenzeit. In der Kunst war sie geprägt vom os-
manischen Rokokostil, in der Politik von einer ersten Annäherung an Europa und im Alltag
der Herrschenden von rauschenden, märchenhaften Festen und Empfängen, bei denen der
Sultan Tulpen streuen ließ, während das einfache Volk hungerte.
Der kranke Mann am Bosporus
Der verpasste Anschluss an die industrielle Revolution hatte den Niedergang des Osman-
ischen Reiches weiter vorangetrieben. Man wurde abhängig von Importen und Waren, die
man zuvor lange Zeit selbst gewinnträchtig exportiert hatte.
Im 19. Jh. sprach man schließlich vom „kranken Mann am Bosporus“, wenn man das
Osmanische Reich meinte. Für dessen Hauptstadt hatte sich bereits ab dem 18. Jh. der
Name „İstanbul“ (bzw. verwandte Formen) eingebürgert. Woher er stammt, weiß übrigens
niemand so genau. Manche Theorien sehen die Herkunft im osmanischen Wort İslâmbol
(„von Islam erfüllt“), andere in der Verstümmelung des griechischen istin polin („in der
Stadt“).
Erste Versuche, das Reich schrittweise zu reformieren, unternahm Mahmut II.
(1808-1839). Mit einem Massaker löschte er die Janitscharen aus, die gegen alle fortsch-
rittlichen Strömungen erbittert gekämpft hatten. Er verbot den Turban und führte dafür den
Fez ein. Er versuchte, alte Traditionen zu brechen und das Land an Europa - an dem er
insbesondere den Champagner schätzte - anzunähern.
Weiter reichende Reformen folgten unter seinen Nachfolgern Abdül Mecit (1839-1861)
und Abdül Aziz (1861-76). Beide setzten ihre Hoffnungen auf die Wirtschaftskraft der
Nichtmuslime (in İstanbul stellten sie zu jener Zeit rund 50 % der Einwohner), die sie
fortan - zumindest auf dem Papier - gleichwertig an der osmanischen Gesellschaft par-
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