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Zunächst ist es angebracht, die Wirkung des Innendrucks auf das elastische Verhalten des
Rohrwerkstoffs zu betrachten. Steigert man den Druck, dann wird bei einem bestimmten
Druck die Streckgrenze des Werkstoffs gerade erreicht. Das wird dort sein, wo die größte
Spannung herrscht: Die größte Spannung  u bildet sich an der Innenseite der Wand aus.
Hier wird also das Material gerade zu fließen beginnen, der rein plastische Zustand liegt
vor. In dem Bereich zwischen der Innen- und der Außenseite verhält sich das Material
wegen der hier vorhandenen geringeren Spannung rein elastisch. Bei weiterer Erhöhung
des Innendrucks breitet sich die Fließzone konzentrisch aus, bis auch an der Außenseite
das Material zu fließen beginnt. Der vollplastische Zustand und damit die höchste Trag-
fähigkeit der Rohrwand stellen sich ein, allerdings mit unzulässigen und unkontrollierbaren
Formänderungen an der Innenseite. Die Berechnung der Wanddicke könnte nun im Hin-
blick auf eine geringe Wanddicke so durchgeführt werden, dass die Belastung nur in einer
solchen Höhe zugelassen wird, die noch eine hinreichende Sicherheit gegen das Erreichen
des vollplastischen Zustandes garantiert. Dieses Verfahren wäre aber zu unsicher. Sicherer
lässt sich die Dimensionierung der Wanddicke ausführen, wenn der Rechnung die Grenz-
dehnung an der höchstbeanspruchten Stelle zu Grunde gelegt wird. Diese Grenzdehnung
ist abhängig von der Verformbarkeit des Werkstoffs und von der Belastung. Bei üblichen
Werkstoffen wird sie an der Innenseite der Rohrwand zu 0,2 % festgelegt.
Für die Festigkeitsberechnung ist es nun notwendig, diese drei Spannungen zu einer ein-
zigen, der sog. Vergleichsspannung , zusammenzufassen. Damit ist dann die Möglichkeit
gegeben, diese Spannung mit der im einachsigen Zugversuch ermittelten Spannung zu
vergleichen. Von der Vergleichsspannung wird also erwartet, dass sie die mechanische Be-
anspruchung in der Rohrwand so widerspiegelt, dass der Vergleich mit der im Zugversuch
ermittelten Spannung befriedigende Auskunft über die Verformungsbeanspruchung der
Rohrwand gibt.
Man kann die Vergleichsspannung auf verschiedene Art bilden. Dafür wurden verschiedene
Hypothesen formuliert. Für den Rohrleitungsbau sind von Bedeutung:
die Gestaltänderungs-Energie-Hypothese (GEH),
die Schubspannungs-Hypothese (SSH),
die Normalspannungs-Hypothese (NSH).
Die GEH beschreibt das Versagen des Werkstoffs infolge von plastischem Verformen und
von Dauerbruch gut. Die SSH ist formelmäßig einfacher aufgebaut und zweckmäßig, wenn
das Versagen des Werkstoffs infolge von plastischer Verformung und von Gleitbruch zu
erwarten ist. Die NSH findet Anwendung bei wenig verformbaren Werkstoffen. Sie ist aber
auch dann anwendbar, wenn verformungsfähige Werkstoffe gegeben sind und bei dreiachsi-
gem Spannungszustand der Bruch eintritt, weil die größte Zugspannung eher als die größte
Hauptspannungsdifferenz nach der SSH die Trennfestigkeit überschreitet.
Die SSH wird bevorzugt angewendet und sagt aus: Zwei verschiedene Spannungszustände
sind gleichwertig, wenn ihre größten Hauptschubspannungen gleich sind:
=
 
=
2
t
(3.26)
V,SSH
max
min
max
Die Vergleichsspannung für jeden beliebigen Punkt der Rohrwanddicke, dessen Lage ge-
genüber der Rohrmitte durch d (bzw. auch r ) bezeichnet wird, ergibt sich durch Einsetzen
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