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Abhängige Pächter
und mächtige Grundeigner -
traditionelle Landnutzung
Die traditionelle Form der Landnutzung war bis
zum Beginn des 19. Jahrhunderts auf Madeira
üblich: Einige wenige Majoratsherren besaßen
den Großteil des bewirtschaftbaren Bodens und
verpachteten diesen in kleinen Parzellen an die
colonos, die Felder bestellen und die Kulturen
pflegen sollten. Diese Pächter hatten alles zur
Kultivierung Notwendige selbst beizusteuern
und erhielten nach Abzug des „Zehnten“ für die
portugiesische Krone die Hälfte des Ertrages.
Die andere Hälfte fiel dem senhorio, dem Majo-
ratsherren, zu.
Schwierig machte die Landwirtschaft nicht
nur der fast überall nötige Terrassenbau, ohne
den man die Hänge nicht hätte bepflanzen kön-
nen, sondern auch ein komplexes System von
Wasserrechten: Prinzipiell gehörte das Wasser,
das bis zum 19. Jahrhundert weitgehend unge-
lenkt von den Bergen zu Tal strömte, dem König.
Als die ersten levadas (Kanäle) entstanden, ge-
schah dies zum Teil durch private Hand. Der Le-
vada-Eigentümer veräußerte das Wasser wie-
derum an die colonos, die den Zulauf zu ihren
Pachtfeldern stunden- oder tageweise kaufen
konnten. Wer durch Missernten oder schlechte
Marktlage kein Geld hatte, konnte sein Land
nicht bewässern, und Regenfälle sind an der
Südküste eher rar.
Verkompliziert wurde das Verhältnis der
Grundeigner und ihrer colonos durch die Tatsa-
che, dass alle vom Pächter errichteten Gebäude
und Einrichtungen ihm gehörten und er des-
halb nicht ohne Entschädigung für seinen Besitz
die Pacht wechseln konnte. Da sich die meisten
senhorios weigerten, einen angemessenen Ab-
stand zu zahlen, waren die Pächter, die den Bo-
den nicht nur bestellten, sondern in ihren Häu-
sern darauf wohnten, ein Leben lang bzw. über
Generationen hinweg an ihren Landherren ge-
bunden.
Während ein freier Bauer in erster Linie zur
Selbstversorgung gepflanzt hätte, mussten die
Pächter jene Kulturen anlegen, von denen sich
der Landeigner den größten Gewinn versprach.
In den Anfangsjahren der Kolonisierung war
dies Zuckerrohr, später Wein. So war die Insel in
der Lebensmittelversorgung stets vom Mutter-
land und eingehandeltem Getreide abhängig.
Die selbst angebauten Getreidesorten deckten
bestenfalls den Bedarf für ein Drittel des Jahres,
Im sekundären Sektor, der verarbei-
tenden Industrie, werden 17 Prozent des
Bruttosozialprodukts erwirtschaftet und
20 Prozent der Menschen beschäftigt. Mit
80 Prozent des Bruttosozialprodukts und
70 Prozent der Beschäftigten wölbt sich
der tertiäre Sektor, die Dienstleistungen,
wie ein Wasserkopf über den schwachen
wirtschaftlichen Unterbau. Gesamtwirt-
schaftlich spielt dabei der Tourismus ei-
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