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ses Põltsamaa, dem einzigen ehema-
ligen Königssitz des Landes.
Mitte des 18. Jh. kam der deutsche
Geistliche August Wilhelm Hupel
(1737-1819) als Pastor in die Stadt. Er
beschäftigte sich intensiv mit der estni-
schen Sprache und Literatur, gab ein
Wörterbuch zu estnischen Dialekten
heraus, sammelte Volkslieder und
Sprichwörter, schuf einen dreiteiligen
Band mit volks- und landeskundlichem
Inhalt und korrespondierte mit Intel-
lektuellen im In- und Ausland. Ge-
meinsam mit dem Arzt und Lehrer Pe-
ter Ernst Wilde (1732-85), der eine der
ersten Druckereien Estlands gründete,
gab Hupel 1766 die erste estnischspra-
chige Zeitschrift des Landes heraus.
Burg wurde während des Livländi-
schen Krieges beschädigt und verlor
an Bedeutung, im Nordischen Krieg
brannten die Mauern nieder.
1750 ging sie in Besitz von Wolde-
mar Johann von Lauw über, der zahl-
reiche Manufakturen vor Ort aufge-
baut hatte: Er ließ Spiegel und Glas
herstellen, besaß eine Kupferwerkstatt
und eine Gerberei. Auf den Ruinen
ließ er schließlich ein prächtiges Roko-
koschloss errichten und ringsherum
einen Park mit mehreren Brücken an-
legen, die über den Fluss führten.
Allerdings lebte Lauw über seine
Verhältnisse, am Ende war er so ver-
schuldet, dass sein Schloss auf einer
Auktion veräußert werden musste. Es
ging an Katharina II. über, die es dem
Grafen Aleksei Bobrinsky schenkte.
Von der Schönheit und Pracht des
Rokokoschlosses ist heute nichts mehr
zu sehen, 1941 wurde es komplett zer-
stört. Dennoch ist die Anlage einen
Besuch wert. Teile der Ringmauer wur-
den konserviert, in einem Schlosstrakt
liegt ein Restaurant, das allerdings
nur auf Bestellung öffnet, außerdem
gibt es ein Museum, das die Ge-
schichte des Schlosses dokumentiert
und gleichzeitig als Informationsbüro
fungiert. Nebenan findet sich ein klei-
nes Kunsthandwerksgeschäft.
Wer den lokalen Wein probieren
möchte, kann dies im Weinkeller tun,
allerdings muss man wissen, dass es
sich dabei um Fruchtweine handelt,
die aus verschiedenen Beeren herge-
stellt werden. Die Esten, die ihren Se-
henswürdigkeiten, Städten und Regio-
nen gern klangvolle Namen geben,
Ordensburg und Museum
1272 wurde am Ufer des Flusses
Põltsamaa, der damals Pala genannt
wurde, eine Ordensburg gebaut, die
von einer kastellartigen Mauer und
Wallgräben umringt war. Im 14. Jh.
kam in der Ostecke ein Konventhaus
hinzu, später hat man die Mauer er-
höht und mit Türmen ausgestattet.
Acht Jahre lang, von 1570 bis 1578,
diente sie dem Bischof von Ösel-Wiek
und Vasallenkönig Magnus als Resi-
denz. Iwan der Schreckliche hatte den
jüngeren Bruder von Dänenkönig Fre-
derik II. zum Herrscher über Livland
erklärt, damit dieser von dort aus Re-
val (Tallinn) erobern konnte, das sich
seinerseits in schwedischer Hand be-
fand. Da das Magnus jedoch nicht ge-
lang und sich dieser kurz darauf mit
dem König von Polen verbündete, lös-
te der Zar das Vasallenreich auf. Die
 
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