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mauer niedergerissen haben. So ist
heute nichts mehr von den Verteidi-
gungsmauern zu sehen.
Doch auch die Herrschaft der
Schweden hatte keinen Bestand. Ihr
im 17. Jh. errichtetes Bastionssystem
wurde Anfang des 18. Jh. vom russi-
schen Zaren Peter I. durchbrochen.
Zehn Tage lang beschossen die Rus-
sen die Verteidigungsanlage, dann soll
es, so heißt es in einer Legende, Pe-
ter I. binnen 45 Minuten gelungen
sein, die hohen Mauern zu überwin-
den - er musste einfach den Berg der
davorliegenden Toten erklimmen.
Nachdem die Stadt im 17. Jh. durch
mehrere große Brände zerstört wor-
den war, verbot man Holzgebäude.
Stattdessen gaben deutsche und hol-
ländische Architekten unter schwedi-
scher Herrschaft Narva ein barockes
Antlitz. Infolge der Industrialisierung
wurde 1857 außerhalb der Altstadt die
backsteinerne Kreenholm-Textilmanu-
faktur erbaut und mit ihr zwei Kirchen
im südlichen Teil der Innenstadt.
Zur Zeit der ersten Unabhängigkeit
gehörte auch die Nachbarstadt Ivan-
gorod zum estnischen Staat, eine Ent-
scheidung, die die UdSSR gleich nach
Eingliederung Estlands als Sowjetrepu-
blik rückgängig machte.
Die letzte große Katastrophe ereilte
Narva im 20. Jh. Während der russi-
schen „Befreiung“ im März 1944 wur-
den 98 % der Stadt durch russische
Bomben, aber auch durch deutsche
Rückzugsgefechte zerstört. Vom ba-
rocken Narva der Schwedenzeit, das
über die Landesgrenzen hinaus für sei-
ne Schönheit bekannt war, blieben
nichts als Ruinen übrig. Zu Sowjetzei-
ten wurde Narva im damals üblichen
Baustil wieder aufgebaut - was man
bis heute sehen kann. Es wurden ge-
zielt russische Familien hier angesie-
delt, was den hohen Anteil an russi-
scher Bevölkerung erklärt. 1922 waren
ca. 63 % der Bewohner Esten, 1989
nur noch drei Prozent. Bis heute hat
sich an diesem Verhältnis nicht viel
geändert.
Tipp: In der Tallinner Domkirche
kann man auf dem Grabstein des
schwedischen Heerführers Pontus de
la Gardie eine Schlachtszene des Jah-
res 1581 besichtigen, die einzige Dar-
stellung, auf der die mittelalterliche
Stadtmauer Narvas zu sehen ist.
Hermannsfestung
Die touristische Hauptattraktion Nar-
vas, wenn nicht sogar der Grund,
überhaupt dorthin zu fahren, ist ohne
Zweifel die stattliche Burg. Ausgehend
vom Peetri-Platz, schlendert man zu-
nächst durch den kleinen Schlossgar-
ten (Lossiaed), der eher einem be-
grünten Platz als einem Garten ähnelt,
und betritt dann durch einen Torbo-
gen den Burghof. Von hier aus bietet
sich ein guter Blick auf die Anlage, die
von dem gut 50 Meter hohen Turm
Langer Hermann dominiert wird.
Doch vorher sollte man links einen
Blick um die Ecke werfen. Hinter dem
Burgcafé findet man eine Lenin-Figur,
die früher auf dem Peetri-Platz aufge-
stellt war. Bei diesem Lenin-Denkmal
handelt es sich wohl um das einzige
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