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DIE GETEILTE STADT
Schon bevor 1961 die Mauer gebaut wurde, zeigten sich die Gegensätze der Ideologien
und Wirtschaftssysteme auch im architektonischen Bereich.
Ostberlin
Die Ostdeutschen blickten nach Moskau, wo Stalin einen Stil bevorzugte, der im Prin-
zip eine sozialistische Neuinterpretation des guten alten Klassizismus war. Der berüh-
mteste Architekt der DDR war Hermann Henselmann, Schöpfer der Karl-Marx-Allee
(bis 1961 Stalinallee) in Friedrichshain. Die Straße wurde zwischen 1952 und 1965 ge-
baut und war mit ihren „Zuckerbäckerbauten“ Sinnbild der stalinistischen Prunksucht.
Höhepunkt war der Alexanderplatz, der in den 1960er-Jahren ein neues sozialistisches
Antlitz erhielt. Die einzigen erhaltenen Vorkriegsbauten sind das Berolinahaus (1930)
und das Alexanderhaus (1932) von Peter Behrens.
Der Alexanderplatz und die Karl-Marx-Allee waren zwar Prestigeobjekte, lösten
aber nicht den Bedarf an erschwinglichem und modernem Wohnraum für eine wach-
sende Bevölkerung. Die Regierung ließ daraufhin in den 1970er- und 1980er-Jahren
drei weitläufige Satellitenstädte am Stadtrand errichten: Marzahn, Hohenschönhausen
und Hellersdorf. Die riesigen Wohnbauten bestanden überwiegend aus ganzen Reihen
klotziger Plattenbauhochhäuser, also aus großen, vorgefertigten Betonplatten - ein
Legoland für Riesen. Allein in Marzahn lebten 165 000 Menschen in 62 000 Wohnun-
gen. Da sie moderne Errungenschaften wie eigene Bäder und Aufzüge besaßen, waren
solche Wohnungen bei Ostberlinern trotz der Monotonie höchst begehrt.
GERMANIA-MANIE
Zu Hitlers großen Plänen zählte der Umbau Berlins in Germania, eine utopische
Welthauptstadt für das neue Nazireich. Der Entwurf des Architekten Albert Speer
(1905-1981) und Hitlers sah zwei sich kreuzende Hauptstraßen im Zentrum vor:
die Nord-Süd-Achse vom Reichstag bis Tempelhof und die Ost-West-Achse (heute
Straße des 17. Juni) vom Brandenburger Tor bis zum Theodor-Heuss-Platz (damals
Adolf-Hitler-Platz) in Charlottenburg. Am oberen Ende der Nord-Süd-Achse nahe
dem Reichstag sollte die Große Halle des Volkes entstehen, mit Platz für 180 000
Menschen und gekrönt von einer 250 m breiten Kuppel.
Nördlich und östlich des Tiergartens wurden ganze Viertel planiert, um Platz für
die ehrgeizigen Mammutbauten zu schaffen. Glücklicherweise konnte Speer nur
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