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10 % aller Arbeiter der DDR zu Protestmärschen auf die Straße gingen. Sowjetische
Truppen schlugen den Aufstand nieder. Das Ergebnis waren zahllose Tote und etwa
1200 Verhaftete.
JÜDISCHES BERLIN: VON MENDELSSOHN BIS
LIBESKIND
In Berlin lebt seit der Wiedervereinigung die am schnellsten wachsende jüdische
Gemeinde der Welt. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Die meisten sind russis-
che Juden, aber es gibt auch Juden deutscher Herkunft, Israelis, die ihrer unruhigen
Heimat entkommen wollen, und Amerikaner, die von den niedrigen Lebenshaltung-
skosten und der grenzenlosen Kreativität der Stadt angelockt wurden. Heute leben
hier etwa 13 000 aktive Mitglieder der jüdischen Gemeinde, darunter 1000 Ange-
hörige der orthodoxen Gemeinde Adass Yisroel. Da sich jedoch nicht alle Juden
einer Synagoge anschließen, ist ihre tatsächliche Zahl wohl mindestens doppelt so
hoch.
Die Gemeinde unterhält zehn Synagogen, zwei Mikwaot (rituelle Bäder), mehrere
Schulen, zahlreiche Kultureinrichtungen und eine Handvoll koscherer Restaurants
und Läden. Die Neue Synagoge mit ihrer goldenen Kuppel in der Oranienburger
Straße ist das sichtbarste Zeichen des jüdischen Revivals, auch wenn sie heute kein
Gotteshaus mehr ist, sondern ein Gemeinde- und Ausstellungszentrum. Das Jüdis-
che Museum in Kreuzberg, ein spektakuläres Bauwerk von Daniel Libeskind, geht
den Höhen und Tiefen jüdischen Lebens der letzten 2000 Jahre in Deutschland
nach. Eine wichtige jüdische Stätte ist auch der Alte Jüdische Friedhof, Berlins äl-
tester jüdischer Begräbnisplatz und letzte Ruhestätte des Philosophen Moses
Mendelssohn, der 1743 nach Berlin gezogen war. Sein fortschrittliches Denken und
Engagement ebneten den Weg für das Emanzipationsedikt von 1812, das Juden zu
gleichgestellten preußischen Bürgern mit allen Rechten und Pflichten machte.
Ende des 19. Jhs. waren viele Berliner Juden, die 5 % der Bevölkerung ausmacht-
en, in Sprache und Identität vollkommen deutsch. Etwa zur gleichen Zeit strömte
eine Welle chassidischer Juden aus Osteuropa auf der Flucht vor Pogromen nach
Berlin. Sie ließen sich im heutigen Scheunenviertel nieder, das in jener Zeit ein
Einwandererslum mit billigen Wohnungen war. 1933 zählte die jüdische Bevölker-
ung Berlins etwa 160 000 Menschen, das waren ein Drittel aller Juden in Deutsch-
land. Die bekannten Schreckenstaten der Nazis ließen die meisten ins Exil gehen,
55 000 starben. Vermutlich nur etwa 1000 bis 2000 Juden haben die Kriegsjahre in
Berlin überlebt, oft mithilfe ihrer nichtjüdischen Nachbarn. Es gibt zahlreiche Den-
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