Travel Reference
In-Depth Information
senkarren und war umgeben von pul-
perías, Kolonialwarenläden, in denen
man „einen heben“ und gleichzeitig
das Notwendigste kaufen konnte.
Heute ist der Platz umgeben von Ca-
fés und Restaurants, in denen meist
Touristen verkehren. Wer es alltägli-
cher mag: Nur eine Ecke weiter kann
man in der unaufgeregten Atmosphä-
re des Café Clásico (501 Humber-
to 1°/Ecke Bolívar) seinen Milchkaf-
fee deutlich günstiger trinken.
Sonntags drängeln Porteños und
Touristen einvernehmlich durch die
schmalen Gassen. 10.000 sollen wö-
chentlich an den 270 Marktständen
vorbeischlendern, die ausschließlich
Waren aus den Jahren vor 1970 ver-
kaufen dürfen. Dazwischen posiert ein
lebendes Gardel-Standbild, eine Ecke
weiter spielt ein zehnköpfiges Tango-
Orchester, dessen vier Bandeonisten
ihr Instrument mit Verve auseinander-
ziehen. Die Feria de San Telmo bietet
ein unterhaltsames Spektakel, das
sich über die ganze Länge der Calle
Defensa und die angrenzenden Ne-
benstraßen ausbreitet. Und ab 19 Uhr,
wenn die Trödelhändler ihre Waren zu-
sammengepackt haben, tritt „El Indio“
Pedro Benavente auf: Für ein paar
Stunden verwandelt er ein Eckchen
der Plaza Dorrego in eine Open-Air-Mi-
longa. Tangoklänge schweben in der
Abendluft und unter den bunten Lam-
pions tanzen Alt und Jung.
µ Defensa (Ecke Humberto 1°), San
Telmo, Subte C: San Juan, Colectivos 22,
24, 28, 29, 56, 61, 64, 86, 91, 105,
111, 126
Ô Parque Lezama ** [E8]
Der Lezama-Park liegt vom Paseo
Colón aus gesehen auf einer kleinen
Anhöhe. Er wirkt wie so vieles in Bu-
enos Aires ein wenig verwahrlost -
besonders am Wochenende, wenn
die Wege von Ständen gesäumt sind,
die allerlei Ramsch anbieten. Doch
wochentags lässt es sich im Schat-
ten seiner alten Jacaranda-Bäume
angenehm spazieren oder auf einer
Parkbank träumen und warten, dass
die Zeit vergeht. So wie der 17-jährige
Martín im 1961 erschienenen Roman
„Über Helden und Gräber“ von Ernes-
Café für Nachtschwärmer
Das Británico (s. S. 29) ist Zufluchtsort für
Nachbarschaft und Nachtschwärmer. Tag
für Tag, Nacht für Nacht - 24 Stunden lang.
immer noch, auch wenn die drei alten Gal-
legos, die Pächter, die die Cafébar 50 Jahre
lang geführt haben, 2006 gehen mussten,
weil ihr Vertrag nicht verlängert wurde. Die
Nachbarn protestierten, es half nichts. Die
Räume wurden renoviert - sagt man. Doch
alles sieht noch aus wie früher: Die Venti-
latoren rotieren müde gegen die Hitze an
und durch die hochgeschobenen Fenster
schwatzen die Nachbarn von der Straße
aus mit denen, die drinnen an den alten
Holztischen sitzen. Von Zeit zu Zeit streift
ein Kind mit schmutzigem Gesicht durch
das Lokal und erbettelt ein paar Pesos. Die
drei alten Pächter aber werden immer noch
von allen vermisst.
Search WWH ::




Custom Search