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Das koloniale Buenos Aires
É Plaza de Mayo ***
[E5]
brachten Bürgern unter Topfgeklap-
per und mit dem Ruf „¡Que se vayan
todos!“ („Haut bloß alle ab!“) die Po-
litiker aus den Ämtern skandierten.
Seinen Namen bekam der Platz zu
Ehren der Mairevolution von 1810,
als er 1884 aus zwei kleineren Plät-
zen zusammengefügt wurde. Histori-
sches und politisches Zentrum ist die-
ser Ort aber seit Anbeginn der Stadt-
geschichte. Rundherum liegen die
wichtigsten Bauwerke und Instituti-
onen Argentiniens: Der rosafarbene
Regierungssitz Casa Rosada Ê , der
alte Kongress, in dem heute die Steu-
erverwaltung sitzt, das Wirtschaftsmi-
nisterium, die Nationalbank, die städ-
tische Kathedrale Ë , das Cabildo Ì
und der Palast der Stadtregierung.
Ein kleiner Kreis im Zentrum der
Plaza de Mayo wurde von der Stadt
2005 zum „historischen Ort“ erklärt:
Er ist dem schweigenden Protest der
Madres de la Plaza de Mayo gewid-
met und ist durch auf das Pflaster ge-
malte, weiße Kopftücher markiert.
Mitten drin steht die Pirámide de
Mayo, die zum Gedenken an den ers-
ten Jahrestag der Revolution am 25.
Mai 1811 errichtet wurde. Sie wurde
in nur 48 Tagen aus Holz und Ziegel-
steinen aufgeschichtet. Knapp ein
halbes Jahrhundert später umman-
telte man den etwas schäbigen Origi-
nalobelisken schick in Weiß und stell-
te eine kleine Freiheitsstatue auf die
Säule. Als der Platz 1884 umgebaut
wurde, sollte die verloren wirkende
Maisäule eingestampft werden, doch
der patriotische Widerstand siegte:
1912 stellte man sie prominent in die
Mitte der Plaza de Mayo und ins Zen-
trum der Aufmerksamkeit.
µ Subte A: Perú oder Plaza de Mayo,
Subte E: Bolívar, Subte D: Catedral
Weltruhm erlangte der Platz durch
den stummen Protest der Madres de
la Plaza de Mayo (s. S. 61). Der älteste
Platz der Stadt war aber immer schon
Bühne für die wichtigsten Ereignisse
der argentinischen Geschichte. Hier
soll Juan de Garay am 11. Juni 1580
die Stadt gegründet haben. Hier wur-
de am 25. Mai 1810 für die Unabhän-
gigkeit demonstriert und 1860 der
Verfassungsschwur abgelegt. Und hier
versammelte Evita 1945 Abertausen-
de Anhänger, die den Peronismus zur
Herrschaft brachten.
Unter hohen Palmen lässt sich heu-
te auf einer schattigen Parkbank gut
das Leben und Treiben beobachten.
Fliegende Händler bieten argentini-
sche Flaggen in jeglicher Größe an, an-
dere verkaufen gebrannte Erdnüsse.
Die Veteranen des Falklandkrieges ha-
ben ihre Zelte aufgeschlagen und ver-
langen nie gewährte Entschädigung
für die Folgen des Krieges von 1982.
Kinder jagen aufflatternden Tauben
hinterher, die - so wird gerne erzählt
- Nachfahren jener bunt bemalten Vö-
gel sind, mit denen ein gewisser Beni-
to Costoya in den 1930er-Jahren Tau-
bentheaterspektakel veranstaltete.
Die Plaza de Mayo ist ein Platz, der
seine stürmische Geschichte und die
blutige Vergangenheit nie ganz los-
geworden ist: Henker richteten hier
Banditen und Verschwörer hin, Anar-
chisten legten Bomben und Antipe-
ronisten bombardierten ihn aus der
Luft. Es gab Streiks und Demonstrati-
onen mit vielen Toten - bis in die Ge-
genwart: Während der jüngsten Krise
wurde am 19. Dezember 2001 eine
Handvoll Menschen erschossen, die
mit Zehntausenden anderen aufge-
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