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New York für Architekturinteressierte
„Diejenigen, die New York hässlich fin-
den, sind lediglich Opfer einer Wahrneh-
mungstäuschung ...“, schrieb Claude
Lévi-Strauss in „Traurige Tropen“. New
York ist die wahre Architekturmetropo-
le des 20. und 21. Jahrhunderts, eine
hypermoderne Großstadt mit altmodi-
schen Seiten und voller Kontraste, eine
Stadt, in der Alt und Neu direkt nebenei-
nander existieren und zu einem grandio-
sen Stadtbild verschmelzen. Philip John-
son „der“ New Yorker Architekt schlecht-
hin, fasste es einmal so zusammen: „Wir
bauen nicht, um der Ehre Gottes willen,
sondern um Geld zu machen.“
Schon 1625 hatte die Dutch West India
Company erste detaillierte Pläne für „Ni-
euw Amsterdam“ vorliegen, doch abgese-
hen von einem kleinen Fort entwickelte
sich die Stadt weitgehend planlos. Stra-
ßen entstanden nach Bedarf - Broadway
und Bowerie als Hauptachsen - und hol-
ländische Baustile prägten das Bild.
Die Engländer machten sich rund 40
Jahre später daran, eine Stadt nach ih-
ren Vorstellungen zu formen, und mit der
amerikanischen Unabhängigkeit kam es
auch in der Architektur zu einem Neuan-
fang: Unter Präsident Thomas Jefferson
erlebte der Klassizismus v. a. im öffent-
lichen Bereich in der jungen Nation eine
Blüte. Einschneidend war für New York
das Jahr 1811: Damals legte Stadtbau-
meister John Randall einen neuen Stadt-
plan nach einem Rastersystem vor. Die
Straßen nördlich der Houston Street wur-
den durchnummeriert und bildeten ein-
zelne Planquadrate. Nur der Broadway
durchschnitt als „Fremdkörper“ das re-
gelmäßige Gitternetz der Avenues und
Streets.
Es entstanden mehr und mehr Stadt-
häuser aus dunkelrotem Backstein -
deswegen auch Brownstones genannt -
im Colonial bzw. Federal Style, z. B. in
Greenwich Village. Doch das architekto-
nische Bild war weniger einheitlich als
vielmehr eklektizistisch: Alle möglichen
Baustile wurden nachgeahmt und zu ei-
nem neuen Ganzen zusammengetragen.
So entstanden in den ersten Jahrzehn-
ten des 19. Jh. viele repräsentative Bau-
ten im Greek-Revival-Stil - z. B. 1811 die
City Hall × - und bei Kirchen wie Trini-
ty Church Ò oder St. Patrick's 3 wurde
der neogotische Stil bevorzugt.
Mitte des 19. Jh. kam erstmals Guss-
eisen zum Einsatz, das später das unbe-
grenzte Bauen in die Höhe ermöglichen
sollte. Als Vorläufer gilt das Cooper Union
Building am Cooper Square (1859). Mit
der Vereinigung der fünf Stadtteile 1898
kam die „City-Beautiful“-Bewegung auf
und die New York City Improvement
Commission (1904-1907) forcierte eine
Neugestaltung der Stadt mit repräsenta-
tiven Baukomplexen im klassizistischen
Stil, den beispielsweise die Columbia
University Q (1893-1913), die Penn
Station (1910, McKim, Mead & White)
oder die Public Library Ó (1911, Carrère
& Hastings) demonstrieren.
Ebenfalls Ende des 19. Jh. entstand das
erste Hochhaus, das die Trinity Church
überragte: das 1955 abgerissene Pulit-
zer Building. Der Einsatz von Gusseisen-
trägern - William Le Baron Jenney hatte
damit in Chicago 1884 das erste Hoch-
haus erbaut - ermöglichte einerseits die
Cast Iron Buildings in SoHo, anderer-
seits immer höheres Bauen: 1902 ent-
stand das erste Hochhaus mit 22 Stock-
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