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ten Jahrhunderts dauerte die Tortur bis zu 30 Tagen, und der englische
Thailand-Reisende
Reginald le May
konnte sich die zynische Bemerkung
nicht verkneifen, dass sie sicherlich eine Wirkung auf den späteren Ge-
sundheitszustand der Frau habe, nämlich den, dass „wenn ein ansehnli-
ches, attraktives Mädchen Mutter wird, ... es nach sieben oder acht Jah-
ren plötzlich zusammenbricht und alt, ausgemergelt und verrunzelt wirkt.
Ganz als ob der Lebensfunke plötzlich erloschen ist.“
Früher wie heute wird die Prozedur von der Familie der frisch gebacke-
nen Mutter und vom
mor tham yä,
einer Art Geburtshelfer, überwacht.
Dieser Geburtshelfer ist kein ausgebildeter Arzt, sondern ein Dorfbewoh-
ner, der sich in altüberlieferten Geburtsritualen auskennt. Dabei ist er
mehr Schamane als Mediziner, und eine seiner wichtigsten Aufgaben ist
die Beschwichtigung der bösen Geister, die dem Neugeborenen ein Leid
tun könnten. Dabei wird der
mor tham yä
selber als mit den Geistern im
Bunde angesehen und muss durch kleine Geldgeschenke zufrieden ge-
stellt werden. Ohne diesen Sold könnte Mutter und Kind großes Unheil
widerfahren.
Einige Tage nach der Geburt muss den Geistern der Vorfahren der
Neuzugang in der Familie berichtet werden. Zu diesem Zweck wird eine
Kugel aus gekochtem Reis geformt, die an einen Zwirnsfaden gehängt
wird. Dann werden die Geister einzeln mit ihren Namen angerufen, und
falls die Reiskugel bei der Nennung eines bestimmten Namens sich zu
bewegen beginnt, so nimmt man an, der angerufene Vorfahre habe sich
im Neugeborenen reinkarniert.
Auf Phuket werden jährlich ca. 3000 Kinder geboren (die Rate der Tot-
geburten liegt landesweit bei über 0,6 %); in wie vielen Fällen deren Müt-
ter das „Röstritual“ über sich ergehen lassen müssen, ist statistisch leider
nicht erfasst.
sche und animistische Elemente vorhanden sind.
Das Gebiet des heutigen Thailand hatte schon zu
Anbeginn unserer Zeitrechnung unter starkem
hinduistischen Einfluss gestanden, und aus Indien
stammende Hofastrologen hatten brahmanische
Rituale eingeführt. Dazu kamen animistische Ele-
mente, die sich - trotz der ablehnenden Haltung
des reinen Buddhismus ihnen gegenüber - im
Volksglauben nicht haben auslöschen lassen.
Und so ist es für den Thai-Buddhisten heute kein
Unding, vor einer Statue von Hindugöttern wie
Vishnu und Shiva zu beten. Vielerorts werden hei-
lige Bäume, denen Geister oder Götter innewoh-
nen sollen, mit Opfergaben bedacht. Die allge-
genwärtigen Geisterhäuschen
(san phra phuum)
werden in aufwendigen Zeremonien eingeweiht