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flüsse lassen sich in wenigen Augenblicken passieren. Aber der Effekt solcher natürlicher
Barrieren auf Land und Leute ist bis heute spürbar:
Als die Wellen der amerikanischen Kolonisation auf die Wellen von Mississippi und Mis-
souri trafen, hinterließ das deutliche Spuren. Der Mississippi wurde das, was er heute ist:
eine fließende Grenze vom Osten zum Mittleren Westen und zugleich die Schwelle zu jener
kleindörflichen und bäuerlichen Herzlichkeit, die wir noch vor wenigen Tagen am eigenen
Leib erfahren durften.
Der Missouri bildet dafür den natürlichen Weidezaun für den rauen Westen: Ackerland
weicht schlagartig der Prärie (so hatten wir uns zumindest die „Prärie“ immer vorgestellt),
den Pick-up-Fahrern wachsen auf einmal Cowboyhüte auf dem Kopf, und auf jeder zwei-
ten Wiese kaut irgendein „Jolly Jumper“ verschlafen an den Resten seiner morgendlichen
Salatration.
3.
Warm winds blowing,
heating blue sky,
and a road that goes forever …
Chris Rea
Am Morgen warten wir eine durchziehende Gewitterfront ab und fassen den Entschluss,
heute nach White Rivers zu fahren, um dort den amerikanischen Unabhängigkeitstag zu
feiern (irgendein Scherzbold hatte uns nämlich erzählt, dass man das, ähnlich wie Neujahr,
um Mitternacht tut …).
Das gestrige Schild („Winner - where the West begins“) entsprach präzise den Tatsachen:
Der Westen beginnt, wenn man auf der 44 aus Winner rauskommt. Eine malerische Strecke
führt durch offene Landstriche voll strömender, wogender, atmender Kraft: Endlose Wei-
zenfelder gehen fließend in wilde Prärie über. Es duftet nach Kräutern, und die Straße ist
nur ein dünner Strich in einem Ozean aus gelb blühenden Gräsern. Dann - nach einer Ewig-
keit - eine Veränderung am weißlich schimmernden Horizont: Wieder eine Gewitterfront?
Nein, Berge! Wie gigantische Ozeandampfer tauchen nach und nach Quader, Kegel und
Pyramiden in der Ferne auf. An der Straße verdampft währenddessen die westliche Zivili-
sation in der Hitze.
Wir fahren durch Witten (25 Einwohner) und angeblich auch durch Mosher (jedenfalls
war das Kaff auf unserer Karte eingezeichnet). Orte, so winzig, dass man sie kaum zu be-
treten wagt.
„Wood“ kündigt sich auf den Wegweisern an wie jede größere Provinzstadt in Österreich.
Tatsächlich leben 35 Menschen hier. Dafür hat Wood immerhin eine Tankstelle und ein
kleines Geschäft. - Da gerade Essenszeit ist, entscheiden wir uns (mangels irgendwelcher
Alternativen) für schmackhafte, vollelastische Mikrowellen-Hamburger mit Cherry-Cola
und freuen uns darüber, dass wir hier überhaupt etwas Warmes bekommen.
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