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ihm“: Wer steht wo? - Und mit wem?), und lande damit treffsicher im klischeehaftes-
ten Fettnäpfchen aller Bleichgesichter: „Stands-with-him“ sei nur irgend so ein blö-
der Familienname, erklärt mir Bruce; ich könne ihm den meinen schließlich auch
nicht erklären. - Da hat er leider recht.
Bruce ist im Übrigen stockbetrunken. Er erzählt davon, dass die Weißen („sie ver-
abreichen uns Alkohol“) ihr Land genommen haben. Ich bin versucht zu sagen, dass
die Weißen auch an Weiße verkaufen würden, wenn diese darum bitten, verzichte
dann aber darauf. Ansonsten bringt Bruce das Dilemma der Indianer in erstaunlicher
Weise auf den Punkt: Man könne entweder betrunken sein und im Reservat leben,
oder nüchtern und gebildet irgendwo da draußen einen Job haben - und damit die
indianische Identität aufgeben.
Bruces betrunkener „Bruder“ im Auto hat inzwischen die Hupe gefunden und will
fahren. Wir verabschieden uns herzlich von Bruce, und er schenkt mir - als typisch
indianische Abschiedsgabe - eine Kassette mit Lynyrd Skynyrds „Greatest Hits“.
Als wir uns von Bruce verabschieden, hat er gerade einen seiner Cowboystiefel ausgezo-
gen und kratzt sich an der großen Zehe. Dabei fällt ihm aus dem Stiefel ein Vierteldollar
in den Sand (wie auch immer der da hineingekommen ist). Ich will dem wankenden Bruce
das Bücken ersparen, hebe die Münze auf und darf sie als Glücksbringer behalten. (Toll:
25 Cents mit dem Fußabdruck eines Sioux.)
Als Bruce mit seinem „Bruder“ davongebraust ist, radeln wir weiter nach Winner.
Was für eine komische Stadt! Ich würde sie in Loser umbenennen, wenn ich könnte.
Winner hat was Erbärmliches, Verfallenes. Irgendwann muss diese Stadt mit einem letz-
ten, gequälten Seufzer ihre Seele ausgehaucht haben. Abseits der verwaisten Hauptstraße
machen oberwichtelige Kindercliquen mit ihren quietschenden Prolo-Kisten die „Neigh-
borhood“ unsicher. Nur ganz oben auf dem Stadthügel stehen ein paar bessere Häuser.
Vor der Kirche, in der wir heute zu übernachten trachten, zerstreut eine Frau unsere Be-
fürchtung, dass hier „tote Hose“ ist: „Usually there are more cars on the road …“
Abendessen beim örtlichen Chinesen: Der Name „Lucky Seven“ ist wirklich treffend ge-
wählt, denn tatsächlich hat der Besitzer großes Glück, dass die hiesige Bevölkerung gewillt
ist, sieben Dollar (und mehr) für eine durchschnittliche Mahlzeit zu bezahlen - für diese
Gegend (wir sind ja nicht auf der 5 th in New York) eine unvorstellbare Summe. Wir be-
schließen, uns unser Abendessen diesmal selbst zu subventionieren und sparen ausnahms-
weise das Trinkgeld ein.
Grenzflüsse
Wenn man in Irving Stones „Men to Match my Mountains“ oder Hugh Brogans „History
of the United States“ über die Pioniere des Westens nachliest, dann kann man erahnen, was
für eine Hürde die großen Ströme im Norden des Kontinents für die ersten Siedler bedeu-
teten. Diese Hürden sind natürlich Vergangenheit. Die einst so unüberwindlichen Grenz-
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