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Good Vibrations!
Iowas Straßen stecken wirklich voller Zeichen und Wunder: Vor jedem Stoppschild ver-
wandelt sich die Fahrbahn auf zwanzig Metern in ein betoniertes Waschbrett, das die be-
vorstehende Kreuzung offenbar akustisch ankündigen soll. Wenn man mit so einem in Wat-
te gepackten Ami-Straßenkreuzer drüberfährt, verursacht das außer einem sanften, stimu-
lierenden Vibrieren in der Magengegend wohl nur das erwünschte „Singen“ der Reifen. Mit
einem ungefederten Fahrrad muss man allerdings beim Überqueren der Rüttelrillen schon
ein bisschen besser aufpassen: Toupet festhalten, dritte Zähne kräftig zusammenbeißen -
und durch. Gezählte 3  30 Rippen, dann ist der Scheppertest überstanden.
Darüber hinaus erfüllen die singenden Kreuzungen aber zweifellos ihren Zweck: Nicht
nur, dass sie sanft entschlummerte Autofahrer aus ihren Träumen holen (kann ja auf diesen
schnurgeraden Straßen schon mal vorkommen), sie ermöglichen auch blinden und stark
sehbehinderten Verkehrsteilnehmern bei einigermaßen intakter Reaktionsfähigkeit eine ta-
dellose Punktlandung am Kreuzungseingang (wie's dann weitergeht, ist eine andere Ge-
schichte …). - Die Amis sind uns Europäern in puncto Innovation eben wieder mal eine
Nasenlänge voraus: Bei uns rühmt man die Funktionsfähigkeit der Blindenstreifen, die in
den Wiener U-Bahn-Stationen zu und von den Zügen führen. Onkel Sam hat diese behin-
dertengerechte Technik offenbar schon vor Jahren auf den Individualverkehr umgelegt.
29.
Ufda!
Norwegisch für Fortgeschrittene
Zum Frühstück macht uns Matts Schwesterchen Pancakes mit Ahornsirup. Bis wir fort
sind, ist es schon wieder kurz vor zwölf.
Was für ein beschissener Tag! Starker, ununterbrochener Wind aus Südwest, später Nord-
west (aber Hauptsache von Westen). Unsere Kompasse brauchen wir heute nicht; es ge-
nügt, möglichst direkt gegen den Wind zu fahren.
Ein bedrohliches Ziehen in meinem linken Knie lenkt mich vom Westwind-Wahn-
sinn ab: Offensichtlich habe ich in Madison mein Rad nicht richtig eingestellt. Den
Sattel setze ich nun um einen guten Zentimeter tiefer - aber es ist schon fast zu spät:
Wir müssen heute langsamer fahren, um nicht das Schlimmste (Arzt, Krankenhaus,
Abbruch) heraufzubeschwören. Immer, wenn ich mich gegen den Wind stemmen will
und die Tretbewegungen dadurch ein wenig kantiger werden, spüre ich die Knie und
muss aus Angst vor den Folgen wieder nachlassen. Der Wind verbläst mich wider-
standslos - ein ausgesprochen frustrierendes und erniedrigendes Gefühl.
Stefan kriecht wegen seiner Knieprobleme förmlich hinter mir her. Ich muss mich irrsin-
nig zusammenreißen, ihn deshalb nicht anzuschnauzen, weil meine innere Uhr mir sagt,
dass wir in den letzten Tagen zu viel rumgetrödelt haben.
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