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Trotz orakelhafter Warnungen („Iowa sucks!“ - Iowa saugt ? Was mag das wieder bedeu-
ten?!) beschließen wir, noch heute unerschrocken den Grenzfluss zu Iowa zu überqueren.
Nach einer kurzen, aber herben Enttäuschung (keine Fähre in Ferryville!) nehmen wir die
Brücke bei Lansing.
Am Ende sieht es ganz so aus, als ob unser heutiger Tag nach Erfüllung des Strampel-
Solls im Kaff Waukon enden soll - wir haben sogar schon eine Übernachtungsgelegenheit
bei einem älteren Ehepaar gefunden. Unsere Gastgeber in spe müssen allerdings noch kurz
zum Flughafen und vertrösten uns darauf, dass wir in einer Stunde noch einmal wieder-
kommen sollen. - Da wir bis dahin jedoch nicht trübsinnig herumsitzen wollen und uns au-
ßerdem schon der Hunger quält, beschließen wir, uns die Zwischenzeit mit einem wohlver-
dienten Pitcher Eisbier zu verschönern und vielleicht auch den einen oder anderen Happen
zu essen. Auf unserem Streifzug durch die Stadt entdecken wir schließlich eine Biker-Bar,
vor der Gary Fishers, Treks und Harley-Davidsons neben der Tür einträchtig Rad an Rad
stehen.
Ich schicke Stefan in den Puristentempel vor: „Schau mal, ob's da drinnen nett ist. Ich
seh mir noch die Bikes genauer an.“ - Als er nach ein paar Minuten noch nicht zurück ist,
presche ich todesmutig und auf alles vorbereitet mit der Fahrradpumpe („Pump-Gun“) im
Anschlag durch die Vordertür (man kennt solche Auftritte ja aus einschlägigen Filmen).
Die Szene, die sich mir daraufhin ins zusammengekniffene Auge brennt, lässt mich zum re-
gungslosen Bikerdenkmal erstarren. Auf fast alles war ich gefasst, aber das hier?! Fröh-
lich lachend und perfekt geklont sitzt Stefan in doppelter Ausführung an der Bar und redet
mit sich selbst …
Es ist eine dieser schicksalhaften Begegnungen, an denen man selbst mit geschlossenen
Augen, laut singend und im Rückwärtsgang nicht vorbeikommt: Sitzt da doch tatsächlich
ein Typ an der Bar, der aus derselben Retorte geschlüpft ist wie wir. Dasselbe Raddress.
Derselbe kranke Blick (na ja, seiner ist vielleicht schon ein wenig illuminiert). Und die
peinlichen Clownsfarben des Saturn-Team-Jerseys (weiß-rot kariert) sind ja wirklich nicht
zu übersehen.
Ward und Matt (der Karierte) sind die 20 Meilen vom Städtchen Decorah hierher gera-
delt, nur um Kümmelschnaps zu trinken. - Am Ende einer gemeinsamen Schnapsverkos-
tung („Brrrigittigittpfuideibl!“) und nach ein paar Bier sind die zwei dann in einem derart
schlechten Zustand, dass wir sie einfach nicht mehr alleine nach Hause radeln lassen kön-
nen. Aber die beiden wollen uns in unserer Verfassung natürlich auch nicht hier zurücklas-
sen. Also kommen wir mit: Decorah liegt glücklicherweise genau westlich von Waukon.
Es ist acht Uhr abends: Auf der „alten“, so gut wie unbefahrenen Route 9 reiten wir ei-
nem goldenen Sonnenuntergang entgegen. Der Geist der vier Musketiere ist mit uns: „Ei-
ner für alle - alle für einen.“ Die unbezwingbaren vier kommen! Vorsicht, ihr Autofahrer
des Kardinals, diese Straße gehört uns. Jeder, der sich uns in den Weg stellt, wird … - ge-
rädert.
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