Travel Reference
In-Depth Information
mer wieder kommen neue nach! - Nach reiflicher Überlegung komme ich letztlich zu
dem Schluss, dass Ameisen nur deswegen auf Radfahrer klettern, weil sie fliegen wol-
len. - Eine bahnbrechende Erkenntnis.
Stefan muss mal wieder alle meine Illusionen bezüglich des „wilden und ungesicherten“
Landes zerstören: Nachdem er seine Kreditkarte mitsamt den übrigen Ausweisen in der
Zentrale in Madison vergessen hat, lässt er sie sich kurzerhand per Auto nachbringen.
Wir übernachten schließlich in Richland, im Garten des Malers Jim. Jim pinselt nicht et-
wa Zimmer aus, er malt Porträts. Jetzt sei das besonders einträglich, erzählt er uns: Seit
dem Golfkrieg wollten sich nämlich viele Generäle bei ihm „verewigen“ lassen. - Jim lebt
technisch auf dem neuesten Stand: Er ist im Besitz einer Standardausrüstung für zufällig
vorbeikommende Radreisende (Iglu-Zelt, Gartenschlauch und Partygrill) - und gerade uns
stellt er das gesamte Set kostenlos zur Verfügung.
Außerdem ist Jim so nett, mit Stefan einkaufen zu fahren. Als die beiden mit saftigen
Steaks, Zwiebeln, Tomaten und kaltem Coke zurückkehren, veranstalten wir eine Drei-
Mann-Gartenparty.
Jim steckt voller erfrischender Weisheiten. Eine Kostprobe: „Man sagt, dass die Ein-
wohnerzahl hier immer gleich bleibt. Jedes Mal, wenn ein Baby geboren wird, verlässt ein
Typ die Stadt.“
Jim ist es auch, der uns über die amerikanische Küche aufklärt: Ob es da wohl einen
Trick gibt, um in den Staaten zu gutem Brot zu kommen? - „Klar. Kauft euch einen eigenen
Ofen.“ - Ausgerechnet er sagt das. Wo er selbst noch nicht einmal einen Fernseher besitzt.
Wenn es nach ihm geht, sollen seine Kinder nämlich ohne „das Ding“ aufwachsen. Und so
jemand lebt in den USA!
Für diesmal müssen wir jedenfalls auf den Ofen verzichten. Sorry, Jimmy! Den Kocher
haben wir ja auch schon rausgeschmissen.
Telefonbedienung in den USA
Fast alles, was in good old Austria staatlicher Regelung unterliegt, ist im Land der unbe-
grenzten Möglichkeiten Privatsache. Besonders bemerkenswert ist diese Entwicklung auf
dem Glücksspielsektor. Der absolute Renner ist hier nämlich zugleich ein ausgesproche-
ner Klassiker: das öffentliche Telefon! In den USA ist natürlich auch dies schon lange im
Besitz von Privatfirmen. Und ebendiese profitorientierten Gesellschaften legen weder auf
landesweite Vernetzung noch auf Kooperation mit der Konkurrenz überflüssig viel Wert.
75 Cents Grundeinsatz sowie der bescheidene Wunsch nach einer Standardverbindung
(z. B. Richland/Wisconsin - Los Angeles), und schon liegt dem begeisterten Spieler die
reizvolle Welt des Crosscountry-Phone-Gambling zu Füßen: Benötigte Zeit zum Aufbau
der Verbindung nicht unter fünf Minuten, der Rest (richtiger Staat, richtige Stadt, richti-
ge Nummer) hängt von Geschick und Ausdauer des Gamblers ab. Der chromglänzende
Münzfernsprecher wird zum einohrigen Banditen. Nervenkitzel pur! Abendfüllende Unter-
Search WWH ::




Custom Search