Travel Reference
In-Depth Information
Am Abend werden wir dann überaus freundlich empfangen: Eine richtige italienische
Bilderbuchfamilie, die uns da eingeladen hat - mit lauter gut gelaunten Brüdern, Schwes-
tern, Schwägerinnen und Neffen und sogar einer richtigen Schwiegermama. Zum Essen
gibt es - wie könnte es anders sein - „Pasta à la Mama“ und ein italienisches Buffet.
Später am Abend brechen alle zu einem Jahrhundertereignis auf - wir natürlich auch: Die
olympische Fackel wird auf ihrem Weg nach Atlanta durch Niagara getragen. Für die Amis
ein Volksfest mit Neujahrscharakter: Hunderte Menschen säumen den Weg, Picknickkörbe
voller Herrlichkeiten an jeder Straßenecke, und zu all dem - zur Ehre der Fackelläufer -
ein prachtvolles Feuerwerk. Wir geben der „Niagara Gazette“ ein Interview. In der morgi-
gen Ausgabe wird zu lesen sein: „Two guys from Europe came to Niagara Falls just to see
the Olympic fire!“ - Diese Journalisten!
Tatsächlich werden wir dieses Feuer noch mehrmals sehen. Allerdings nur im Fernsehen.
Wenn die Fackel dann Atlanta erreicht und Cassius Clay im Stadion das große Feuer ent-
zündet, werden wir schon in Idaho sein …
Als der Fackelläufer die Stadt verlassen hat, ist dann auch die Gewitterwolke über Nia-
gara Falls so gerührt, dass sie sich einfach nicht mehr zurückhalten kann: Das Volksfest
nimmt ein jähes Ende und Tausende Niagaraner werden nass. Aber so richtig!
Glücklich über all die unwiederbringlichen Eindrücke des Tages rollen wir auf der über-
dachten Veranda unserer Gastgeber die Schlafsäcke aus. Ein letzter Sprung in den Pool,
um die klebrige Hitze des Tages abzuwaschen. Dann schleicht sich mitten in die kugelrun-
de Zufriedenheit eine entspannende Müdigkeit, während das wütend vor sich hin grollende
Gewitter einem lang anhaltenden, aufs Vordach prasselnden Regen Platz macht.
Morgen sind wir zum ersten Mal in unserem Leben in Kanada.
12.
I like the summer. It's better than winter.
The girls wear short skirts …
Tim, Niagara
Die Staatsgrenze. Endlich. Wir kommen uns vor wie die Bankräuber in einem dieser klas-
sischen Westernfilme. Nur wo bleibt der misstrauische Gesetzeshüter? In der einzigen Uni-
form weit und breit steckt die liebenswerte Dame vom Zoll. Und die lässt uns anstandslos
passieren.
Fast sind wir ein bisschen enttäuscht: Am Flughafen haben wir doch immerhin eine Stun-
de gebraucht, um in dieses Land hineinzukommen. Und raus kommt man so leicht? Sie
will nicht einmal nachsehen, ob wir in unseren Fahrradrahmen Goldstaub oder Kokain ver-
steckt haben! Wahrscheinlich hält sie uns für ein paar doofe Wochenendradler.
Auf der kanadischen Seite des Städtchens Niagara Falls verstrampeln wir dafür zwölf
Meilen bei dem Versuch, die Stadt zu verlassen. Was für lausige Straßenmarkierungen:
Alle beschilderten Wege führen zum Wasserfall! Hat man uns vielleicht nur deswegen so
Search WWH ::




Custom Search