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ben, die man uns bis Plymouth empfohlen hat - leider immer wieder ohne Erfolg. Wir zie-
hen die erste Konsequenz dieser Reise: Es wird wohl über längere Sicht doch besser sein,
sich an Straßenschildern und markierten Bundesstraßen zu orientieren, statt nach Radwe-
gen zu suchen.
Dieser erste Tag erweist sich jedenfalls als mental erschöpfend: Noch geht es nicht in
Richtung San Francisco, und dass wir jetzt schon zwei Tage verloren haben, steht uns bei-
den grimmig ins Gesicht geschrieben.
Trotz kleinerer Umwege erreichen wir gegen Abend nach 60 sturzfreien Meilen unser
erstes Tagesziel: Plymouth Rock. Die Legende will es, dass im Jahre 1620 ein Schiff na-
mens Mayflower hier 41 Passagiere an Land gesetzt hat. Deswegen sind bekanntlich auch
wir hier: „Auf den Spuren der Pilger!“ Die Pilgrims hatten zwar keine Fahrräder, aber - na
ja - das ist jedenfalls unsere Geschichte, wenn jemand fragt.
Ziemlich bald werden wir den Leuten übrigens wieder erzählen, dass wir in Boston los-
gefahren sind. 300 Meilen westlich von hier weiß nämlich kein Mensch mehr, wo dieses
Nest („Plimm Moth?!“) überhaupt liegt.
Wir machen die ersten Dokumentarfotos. Hintergrund (unscharf): Mayflower-Nachbil-
dung, Vordergrund (echt scharf): Zwei toll ausgerüstete, durchgestylte Radfahrer, die mit
noch naivem Lächeln den unbekannten Mann am Auslöser angrinsen.
Der Fototermin muss Tobi irgendwie angeturnt haben; jedenfalls ist er auf einmal
dreist genug, eine wildfremde Frau um eine Unterkunft anzuschnorren: „Wissen Sie,
die restlos überfüllten Motels, die ihr hier habt, sind für uns viel zu teuer - und wir
haben ja noch nicht einmal ein Zelt. Außerdem sieht es nach Regen aus … “ Wenn
Tobi gewusst hätte, wie oft ihm dieses lockere Sätzchen in den nächsten Wochen noch
über die Lippen kommen würde! - Jedenfalls dürfen wir am Ende in einem halb fer-
tigen Gästehaus übernachten. Selbstverständlich umsonst.
Obwohl ich mir redlich Mühe gebe, Stefans Mistlaune wegen unseres Plymouth-Umwegs
künstlich zu heben, ist er bis zum Schlafengehen mies drauf. Gut, ein bisschen kann man's
vielleicht verstehen: Seine nagelneue, 70-Dollar-Iso-Luftmatratze hat jetzt schon ein Loch.
Gleich morgen wollen wir uns im nächsten Hardware Store zwei Kompasse besorgen.
In Wien hätten wir vermutlich noch unter heftigem Schenkelklopfen darüber gelacht („Ein
Kompass, um nach Westen zu fahren - ha, ha -, das ist gut!“). Aber nach dem heutigen
Richtungsraten und bei dem Düsenjäger-Maßstab unserer Straßenkarte scheint uns das die
sicherste Methode zu sein, Nordkalifornien wenigstens annähernd anzupeilen.
2.
Go West!
„Suuuper Schbruuuch…“
So geht es denn an diesem Sonntagmorgen von der Atlantikküste aus los: Wir kehren
dem Osten für die nächsten Monate - buchstäblich - den Rücken. Es ist ein ganz anderes
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