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Stefan ist völlig erledigt. Wir brauchen möglichst schnell und unkompliziert ein Quartier.
In alter Tradition fragen wir bei einem Wohnhaus an, das unmittelbar neben einer Kirche
liegt: Das Pensionistenpärchen, das hier wohnt, verständigt daraufhin den dazugehörigen
Pfarrer und versorgt uns bis zu dessen Eintreffen mit Säften.
Als Pater Tony uns erblickt, vermacht er uns sofort die Kellerräume seines Gotteshauses.
Mit letzten Kräften kaufen wir dicke Steaks und Obst im Supermarkt, braten das Fleisch in
der Kirchenküche und schlagen uns so gierig damit die Bäuche voll, als könnte es uns noch
vom Teller springen. Sogar an einen Videofilm haben wir gedacht: drei Dollar Leihgebühr
für „12 Monkeys“ mit Bruce Willis. Für das Geld darf man in Europa im Moment gerade
mal einen Blick auf die Kassettenhülle werfen.
Ich falle nach der ersten Actionszene über meinen Schlafsack und komme erst wie-
der zu mir, als die Sonne schon wieder provokant durchs Kellerfenster hereinstarrt.
Die Sache mit dem Wasser sitzt tief - ein Erlebnis, das ich nicht mehr vergessen werde,
solange ich lebe. Klares Trinkwasser, so viel das Herz begehrt, ist eine Selbstverständlich-
keit, die man - speziell als Wiener - kaum zu schätzen weiß. Umso deutlicher wird mir die
Gier, mit der ich sogar das warme, stinkende Wasser aus der Plastikflasche getrunken ha-
be, in Erinnerung bleiben.
Ein höchst bemerkenswerter Tag auch in statistischer Hinsicht: Immerhin haben wir heu-
te die Rekorddistanz von 190 Kilometern zurückgelegt und dabei 8 Stunden 22 Minuten
auf unseren Fahrrädern verbracht.
Thumbs up!
Der gestreckte Daumen ist wohl eine der stärksten Botschaften, die man auf einer solchen
Reise empfangen kann. Auf der ganzen Fahrt quer durch Amerika konnten wir gerade mal
ein Dutzend dieser raren Landstraßen-Delikatessen ernten. Natürlich haben wir uns oft ge-
nug gefragt, was man tun kann, um die Ausbeute zu verbessern. Aber ein himmelwärts
weisender, oft vor Begeisterung gekrümmter Daumen, der stolz über einer geballten Faust
thront, ist schwer zu provozieren - schon weil zu viele wichtige Faktoren vom Daumenbe-
sitzer abhängen.
Jetzt in Oregon, beinahe am Ende unserer Reise, scheinen wir diesem Ziel jedoch mit ei-
nem Schlag näher gekommen zu sein. Der kreative Lösungsansatz: Mitten in der größten
Mittagshitze durch die Wüste radeln, möglichst auf einen riesengroßen, wasserlosen Berg
zu. Toll, was? In Europa hätte man sich wohl mit dem Zeigefinger an die Stirn getippt. Wir
dagegen bekamen gleich zweimal „Thumbs up“!
27.
Hydrate or die.
Camelbak-Werbeslogan
Eine Lektion haben wir gestern endgültig gelernt: Wer dehydriert, verliert …
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