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debremsen; bei einer Pause auf der Passhöhe erlegen wir dafür zur Rache gleich fünf
davon. Bei der Größe der Biester eigentlich schon ein ganz passables Abendessen -
aber Tobi besteht wie immer auf Fleisch aus Bodenhaltung.
Stefan glaubt, er ist allergisch gegen das Wüstengestrüpp. Ich glaub eher, er steigert sich
psychisch in eine Aversion gegen den Staat Idaho hinein (Mormonen-Mädchen, Gegen-
wind, Sagebrush … ).
Landschaftlich ziehe ich die uneingezäunte Pracht der Sawtooth Mountains dem Yellow-
stone Park vor - vor allem gibt's hier bedeutend weniger Autos, und keiner verlangt vier
Dollar Eintritt!
Auf einer Hochebene mitten in den Sawtooths klopfen wir dann beim Besitzer des ört-
lichen Rafting-Centers an, angeblich ein Freund von Heini, dem er irgendwann mal den
Kamin gemauert hat und der ihm deswegen noch was schuldet. Nach langem Zögern lässt
uns der Mann dann im Schuppen zwischen seinen Gummibooten nächtigen. Wir hatten von
einem „verschuldeten Freund“ zwar etwas mehr Entgegenkommen erhofft, aber egal. Wir
haben, was wir brauchen.
Im nächsten Pub laben wir uns mit Käsepizza und Salat. In der Nacht wird es dann trotz
schützendem Geräteschuppen saukalt.
Und jetzt?
Es hatte sich bereits seit Wochen angekündigt. Ein kleines Rumoren hier und da, ein klei-
nes Erbeben, wie von einem dieser Monstertrucks, die man schon lange vorher in der Ma-
gengrube kommen spürt, ehe sie dann ganz plötzlich über die Kuppe stechen.
Nun ist es da: Unser Verhältnis zur Bevölkerung hat sich geändert. Und das ziemlich
drastisch. Wir sind jetzt nicht mehr die verrückten Typen, die etwas Krankes vorhaben. Wir
haben es eigentlich bereits getan. Wir sind kein bisschen mehr so wie sie .
Dabei war am Anfang alles so einfach: Wir mussten weiter, sie blieben. Das war der we-
sentliche Unterschied. - Wir waren Märchenerzähler, waren selbst die Hauptfiguren, die
für wenige Augenblicke in ihr Leben traten, um am nächsten Tag ebenso unvermittelt wie-
der zu verschwinden. Wir waren Hausierer mit einem Traum, den so viele Amerikaner
selbst irgendwo tief in ihrem Herzen mit sich herumtragen. Und wir waren unermüdliche
Verfechter der Vision, dass in diesem Land noch heute und noch immer alles möglich ist,
wenn man fest daran glaubt.
All das scheint jetzt vorbei zu sein: Mit unserem Bericht können wir niemanden mehr
faszinieren, mit den Details niemanden mehr erschüttern. Bestenfalls erschrecken. - Haben
wir nun endlich unser Berührungsproblem, auf das wir schon seit Wochen warten?
Gut möglich, dass der neue Umgangston auch einfach daran liegt, dass es an der West-
küste zu viele Radfahrer gibt. Und dass wir kein Mitleid mehr verdienen: Inzwischen ma-
chen wir vermutlich den Eindruck, als könnten wir auf uns selbst aufpassen.
23.
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