Travel Reference
In-Depth Information
„Me prior et fieri Bertranne jubes et
haberi et Petrus urgebat Trutber
meq(ue) regebat“ („Prior Bertrand, Du
hast angeordnet, mich zu schaffen.
Pierre Trutbert leitete meine Aus-
führung“) - diese Inschrift erlaubt es,
das Werk zu datieren, allerdings unge-
nau. Es gab nämlich im 12. Jh. zwei
Mönche namens Bertrand, die an der
Spitze des Klosters Ganagobie stan-
den. Folglich lässt sich nur sagen, dass
das Werk zwischen 1135 und 1173
entstanden sein muss.
Die zweite Besonderheit der Kirche
von Ganagobie ist ihr Portal. Dessen
Skulpturenschmuck zeigt, über das
rein Ornamentale weit hinausgehend,
eine am ehesten mit Arles oder Saint-
Gilles vergleichbare Darstellung des
Jüngsten Gerichts mit Christus, den
zwölf Aposteln, Engeln und - symbo-
lisch - den vier Evangelisten.
Das eigentliche Kloster kann man
nicht besuchen, höchstens von der
Kirche aus einen Blick darauf werfen.
Sehr lohnend ist ein Spaziergang
über das Plateau. An der linken Seite
der Kirche beginnen zwei Wege: Nach
rechts führt die Allée des Moines zu
einem Aussichtspunkt über der Du-
rance, die sich zwischen dem Plateau
von Valensole und den Bergen der
Hochprovence ihr Tal mit allen mögli-
chen Verkehrsadern teilen muss.
Nach links geht die Allée de Forcal-
quier ab, die an Steinsetzungen aus
dem Neolithikum vorbeiführt und
ebenfalls einen Aussichtspunkt er-
reicht, diesmal über das Land von For-
calquier mit seinen Wäldern bis hin
zur Montagne de Lure. Beide Aus-
Die „Affäre Dominici“
von Lurs
Lurs war in den 1950er Jahren Schauplatz
einer Affäre, die nicht zuletzt durch den
gleichnamigen Film mit Jean Gabin von
1973 bekannt geworden ist. Im August
1952 wurde das englische Ehepaar
Drummond mit seiner kleinen Tochter
zusammen ermordet aufgefunden - am
Rand der Landstraße und gleich neben
dem Hof La Grande Terre der aus Italien
stammenden Familie Dominici.
Das patriarchen-ähnliche Oberhaupt
dieser Sippe, der 76-jährige Gaston Do-
minici, galt sogleich als Hauptverdächti-
ger. Die Tatwaffe, die ihm gehörte, fischte
man kurz darauf aus der Durance. Doch
die Aussagen des Familienclans blieben
konfus und widersprüchlich. Gaston Do-
minici gab schließlich an, ein Schäfer-
stündchen mit der englischen Touristin
gehabt zu haben, widerrief das aber
gleich darauf. Der Indizienprozess in Dig-
ne endete mit einem Todesurteil gegen
ihn; nach langer Haft wurde er von de
Gaulle begnadigt und starb in einem Al-
tersheim. Er liegt in Forcalquier begraben.
Interessant ist diese Affäre, weil Richter
und Angeklagter während des Prozesses
einander offenbar überhaupt nicht ver-
standen: Nicht nur, weil der eine Franzö-
sisch, der andere Provenzalisch sprach,
sondern weil sich hier die geradezu ar-
chaische, geheimnisvolle Welt eines Bau-
ern der Hochprovence auftat. Soziologen
hat der Prozess noch lange beschäftigt,
ebenso übrigens Jean Giono, der sich da-
durch in seinen Schilderungen einer ab-
gründigen, mysteriösen Mentalität be-
stätigt sah.
Search WWH ::




Custom Search