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La Garde-Freinet
glauben machen wollte, als wilde,
brandschatzende Meute vorstellen,
die Höfe und Dörfer in Schutt und
Asche legten. Vielmehr entwickelte
sich im Laufe der Zeit durchaus eine
Vermischung dieser Seefahrer von der
iberischen Halbinsel mit der einheimi-
schen Bevölkerung. Das Festsetzen an
der französischen Südküste gehörte
wahrscheinlich zu einer groß angeleg-
ten Strategie der in Spanien herrschen-
den Omajiaden-Dynastie, die zum
Ziel hatte, den ganzen westlichen Teil
des Mittelmeeres zu beherrschen.
Erst 972 gelang es Wilhelm, dem
Grafen der Provence, die „Barbaren“,
die übers Meer gekommen waren, zu
vertreiben. Die muslimischen Mauren
hatten damit ihren letzten Stützpunkt
auf dem Gebiet des heutigen Frank-
reich verloren; die gesamte Region er-
lebte eine Zeit des Aufschwungs und
der erneuten Christianisierung.
Das 1500-Seelen-Dorf, das noch viel
„provenzalische Authentizität“ be-
wahrt hat, eignet sich gut als Aus-
gangspunkt für Streifzüge durch das
Mauren-Massiv. Es liegt an der Haupt-
verbindungsstraße durch das Gebirge
von Norden an die Küste. Damit je-
doch keine falschen Vorstellungen ent-
stehen: Diese Straße ist eine wunder-
schöne Panorama-Straße, gesäumt von
Weingütern, die zum schnellen Vor-
wärtskommen mitnichten geeignet ist.
Traditionell lebten und leben einige
Künstler in La Garde-Freinet, das mit
einer knappen halben Stunde Fahrzeit
gerade richtig entfernt von Saint-Tro-
pez liegt. Die Schauspielerin Jeanne
Moreau drehte hier Teile des Films
„Lumière“.
Zu sehen gibt es vor allem noch die
Reste einer mittelalterlichen Trutz-
burg, vielleicht von den Sarazenen,
die von hier aus zeitweilig die gesamte
Region beherrschten. Aufgrund seiner
Lage in 400 Metern Höhe, umgeben
von dichten Wäldern, war der Flecken
im Mittelalter prädestiniert als militä-
rischer Stützpunkt: Feinde waren weit-
hin zu sehen. Dies wussten die Saraze-
nen oder Mauren, wie man sie eben-
falls nennt, im 9. und 10. Jh. geschickt
zu nutzen. Die Eroberer muslimischen
Glaubens schafften es, von La Garde-
Freinet aus für fast einhundert Jahre
lang das Mauren-Massiv nebst seiner
Küste sowie den Golf von Saint-Tropez
zu beherrschen.
Man darf sich diese Sarazenen je-
doch nicht, wie die Legende lange
Fort Freinet
Die mittelalterliche Festung ober-
halb des heutigen Dorfes (450 m)
geht möglicherweise auf die Saraze-
nen und das 9./10. Jh. zurück, könnte
aber auch jüngeren Datums sein
(12. Jh.). Sicher ist sich die Forschung
nur über das Datum der Zerstörung:
Die Mauern des Forts wurden im No-
vember 1589, nach den Religionskrie-
gen, auf Geheiß des Maréchal de la
Valette geschleift. Zu diesem Zeitpunkt
lebte jedoch längst niemand mehr in
der Festung, denn die Dorfbewohner
hatten im Verlauf des 14. Jh. den
schwer zugänglichen Hügel zuguns-
ten des heutigen Dorfes verlassen.
 
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