Travel Reference
In-Depth Information
Der Kartäuserorden gestern und heute
Der Ordensgründer Bruno wird um das
Jahr 1030 in Köln geboren und kommt
schon als Jugendlicher an die renommierte
Kathedralschule von Reims. Er promoviert
dort, wird Kanoniker des Kathedralkapitels
und steigt 1056 zum Rektor seiner Schule
auf. Viele Jahre bleibt er in Reims, bis der
Papst ihm schließlich wegen seiner Ver-
dienste die Bischofswürde anbietet (1080).
Bruno jedoch lehnt ab. Der Grund: Ihn
ekelt die Verlogenheit der hohen Geistlich-
keit an und er will nicht selbst so korrupt
werden.
Stattdessen entscheidet er sich für ein
Leben in Einsamkeit und wählt dafür eine
Priorei in der Nähe des Klosters Molesmes.
Schon bald stellt er fest, dass es ihm dort
nicht einsam genug ist. Er bittet Hugues, ei-
nen ehemaligen Schüler, der jetzt Bischof
von Grenoble ist, ihm zu helfen.
Dieser führt den eigenwilligen Bruno zu-
sammen mit sechs Gefährten höchstper-
sönlich in das wilde Tal der Chartreuse
zwischen Grenoble und Chambéry. Das Tal
wird dem neuen Orden seinen Namen ge-
ben, wie auch dieses Jahr 1084 als Grün-
dungsjahr in die Geschichte eingehen
wird.
Nach sechs Jahren friedlichen Einsiedler-
lebens wird Bruno eine besondere Ehre zu-
teil: Papst Urban II., abermals ein ehemali-
ger Schüler, ruft ihn als Berater nach Rom.
Bruno gehorcht sofort, hält es aber nicht
lange am Hof aus. Mit dem Einverständnis
Urbans gründet er noch im selben Jahr
(1090) eine zweite Kartause in Kalabrien.
Dort stirbt er in Torre im Jahr 1101.
Die größte Ausdehnung seiner Ge-
schichte erreichte der Kartäuserorden im
14. Jh., als er allein in Frankreich 107 Klös-
ter umfasste. Heute hat der Orden insge-
samt rund 500 Mitglieder, Mönche und
Nonnen, die in 24 Kartausen auf drei Erd-
teilen leben. In Deutschland gibt es das
Kloster Marienheide, welches zur Diözese
Fulda gehört.
Die Kartäusermönche und -nonnen wei-
hen ihr Leben dem Gebet und der Suche
nach Gott. Sie sind vor allem Eremiten; ihr
gemeinschaftliches Leben reduziert sich
auf ein Minimum. Sie leben in einer so ge-
nannten Zelle, die jedoch eher an ein Haus
im Miniaturformat erinnert: Es gibt vier
Zimmer, die sich über zwei Etagen erstre-
cken und bestimmten Lebensbereichen zu-
geordnet sind, sowie einen Garten.
Diese Zelle verlassen sie dreimal täglich,
um zusammen in der Kirche zu beten. An-
sonsten wird die Klausur nur an Sonn- und
Feiertagen gebrochen, wenn man sich zum
Essen im Refektorium trifft bzw. zum ge-
meinschaftlichen Spaziergang. Ein direkter
Zugang zu den Medien ist generell nicht
erlaubt und jeder darf pro Jahr nur ein bis
zwei Verwandtenbesuche empfangen.
Die meiste Zeit verbringen die Kartäuser
und Kartäuserinnen mit Gebet und Me-
ditation. Der Tagesablauf beginnt mit dem
Zellengebet um Mitternacht, an den sich
zwei- bis dreistündige Offizien in der Kir-
che anschließen, und endet mit dem Schla-
fengehen gegen 20 Uhr. Dazwischen lie-
gen, streng geregelt, weitere Gebete und
Studien sowie Handarbeit. Die einzige
„Freizeit“ haben sie zwischen dem Mittag-
essen und dem Stundengebet um 14 Uhr.
Zwischen den Gebeten muss jeder je-
weils zwei Stunden Arbeit verrichten, um
für die Harmonie von Körper, Geist und
Seele zu sorgen. Natürlich sind immer auch
einige Mönche bzw. Nonnen im jeweiligen
Kloster zuständig für die Erfüllung der tägli-
chen Aufgaben, denn die Kartäuser sind
Selbstversorger. Jede Gemeinschaft soll
grundsätzlich für ihren Unterhalt aufkom-
men, vor allem durch Landwirtschaft und
Handwerk. Durch ein Ausgleichssystem
werden ärmere Klöster von den reicheren
unterstützt.
Informationen über den Kartäuserorden
erhält man im Internet unter www.char
treux.org.
Search WWH ::




Custom Search