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Dramatiker, dem späteren Mitglied
der Académie Française, dem Schrift-
steller der Provence, auch einer der er-
folgreichsten Filmproduzenten Frank-
reichs.
Pagnol und das Kino - sie wurden
geboren zur selben Zeit und fast am
selben Ort. Von Aubagne, einem Nest
in den Bergen bei Marseille, wo Pa-
gnol am 28. Februar 1895 zur Welt
kam, sind es nur ein paar Kilometer bis
zu jenem Bahnhof in La Ciotat, wo die
Brüder Auguste und Louis Lumière
wenig später die „Ankunft eines Zu-
ges“ drehten.
So wenig die Erfinder des Cine-
matografen ihrer Entdeckung eine
große Zukunft voraussagten, so wenig
reizte den Theaterautor Pagnol der
Film. Bis zu jenem Frühlingstag des
Jahres 1930, als Pagnol in einem Lon-
doner Lichtspieltheater saß und hörte,
„wie das Bild von Fräulein Bessy Love
sprach und sprach“. Viermal sah er
sich die „Broadway Melody“ an, dann
war seine „Theorie des Tonfilms“ ge-
boren.
Mit der ganzen ihm eigenen Unbe-
kümmertheit verhieß Pagnol den Ein-
tritt ins Zeitalter des Tonfilms - und
setzte sich damit zwischen alle Stühle.
Nicht nur, dass die Theaterszene ihn
des Verrats zieh, ihn, den das Theater
zu einem geachteten Autor und zu ei-
nem reichen Mann gemacht hatte.
Empörter noch reagierte das Lager
des Films, des Stummfilms also: Die
europäischen Filmproduzenten, die
Schauspieler, die Kameraleute, sie sa-
hen im Tonfilm eine wirtschaftliche
wie künstlerische Bedrohung. Von
neuen Chancen wollte niemand etwas
hören. Der Tonfilm war eine Modeer-
scheinung, bestenfalls ein perfektio-
nierter Stummfilm.
Pagnol stellte sich etwas ganz ande-
res vor. Im Tonfilm sollte die Sprache
dominieren - eine Theorie, die in der
Kritik nahezu einhellig als „abgefilmtes
Theater“ verpönt war. Ausgerechnet
die Paramount, die Verkörperung des
„Tonfilms wider Willen“, gab nach ei-
ner Reihe spektakulärer Misserfolge in
Europa Pagnol seine Chance. Nach
der Vorlage seines Theatererfolgs ent-
stand mit eben jenen Schauspielern
der Film „Marius“, ein Stoff aus dem
Marseillaiser Hafenmilieu voller Sprach-
witz und Schlagfertigkeit. Das Werk
spielte gewaltige Summen ein und be-
stätigte Pagnol in seiner Philosophie
vom Dialogfilm, der auch ein Autoren-
film sein musste.
In der Zusammenarbeit mit dem Re-
gisseur Alexander Korda hatte Pagnol
seine Lehrzeit beim Kino bekommen.
Die Paramount verließ er bald darauf.
Er verachtete den Geist von Holly-
wood und spürte seinerseits, trotz des
Erfolgs, weiter die Herablassung der
Filmoberen gegenüber einem Autor,
dem notwendigen Übel am unteren
Ende der Werteskala.
Und es lockte ihn, der schon als
Schüler seinen Kameraden Liebesge-
dichte verkauft hatte, auch das große
Geld. Die Einnahmen aus „Marius“ in-
vestierte er in eine eigene Produkti-
onsgesellschaft, die Auteurs Associés
(in Anspielung auf Chaplins United Ar-
tists), später die Société des films Mar-
cel Pagnol. Pagnol kontrollierte den
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