Travel Reference
In-Depth Information
Provenzalische
Sprache und Literatur
hören. Ihr steht die Langue d'Oil des
Nordens gegenüber. Beide beerbten
das spätantike Vulgärlatein, entwickel-
ten sich aber sehr unterschiedlich auf-
grund vorher existierender Sprachen
und der Kontakte mit den Germanen-
völkern. Es war Dante, der die Be-
zeichnungen erfand; Pate standen die
jeweiligen Wörter für „ja“ - hier oc,
dort oil, das heutige oui. Das südliche
Drittel des heutigen Frankreichs, von
den Pyrenäen bis zur italienischen
Grenze, hatte also früher seine eigene
Sprache, und selbstredend war es
nicht gewillt, sie aufzugeben, jeden-
falls nicht ohne Zwang.
Die Geschichte der Durchsetzung
des Französischen ist eng verbunden
mit der Geschichte des Zentralismus,
ist eine Geschichte, in der sich die Pro-
venzalen oft genug gegen ihre „Bela-
gerer“ aus dem Norden aufgelehnt ha-
ben. Ende des 15. Jh. erst war die Pro-
vence per Schenkungsurkunde franzö-
sisch geworden. Aber schon etwa
fünfzig Jahre später machte Franz I.
die Sprache des Nordens zur offiziel-
len Amtssprache (Edikt von Villers-
Cotteret, 1539). Während der Revolu-
tion und unter Napoleon waren die
Regionalsprachen gar als patois
(Mundart) verpönt. Trotz allem sprach
um die Mitte des 19. Jh. das „einfache
Volk“ Provenzalisch, zumindest im All-
tag. Erst zwischen den Kriegen von
1870 und 1914-18 löste das Französi-
sche die Sprache des Südens mehr
und mehr ab: Ab 1881/82 bestand
nicht nur die allgemeine Schulpflicht,
sondern es ging das Verbot mit ihr ein-
her, auf Provenzalisch zu lehren -
Der Kampf des Provenzali-
schen gegen das Französische
Bei einer Reise in den Süden Frank-
reichs gehen die meisten heute davon
aus, dass dort Französisch gesprochen
wird. Bei einem Markt- oder Barbe-
such kann es aber durchaus passieren,
dass man Brocken einer ganz anderen
Sprache aufschnappt, der man anhört,
dass sie romanischen Ursprungs ist,
die Ähnlichkeit zum Französischen wie
zum Italienischen hat, die aber trotz-
dem etwas ganz Eigenständiges ist:
das Provenzalische.
Tatsächlich wird diese Regionalspra-
che eher gelegentlich als alltäglich,
eher auf dem Land als in der Stadt und
eher unter Alten als unter Jungen ver-
wendet. Aber das Provenzalische ist
nicht vom Aussterben bedroht, wird es
doch heute wieder in Sprachkursen -
für manche wie eine Fremdsprache -
gelehrt und über die Medien und in
Schulen verbreitet. Für die Pflege der
provenzalischen Sprache setzt sich be-
sonders der Bund des Félibrige ein
(siehe unten).
Doch die provenzalische Sprache
gibt es gar nicht, denn viele Dialekte
bestehen nebeneinander - in Nizza
etwa parliert man anders als in der
Hochprovence. Trotzdem versteht
man sich untereinander, selbst mit
Menschen aus dem Languedoc, der
Gascogne oder Katalanien: Denn sie
alle sprechen okzitanische Spachen,
die zur Langue d'Oc des Südens ge-
 
Search WWH ::




Custom Search