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Die äußere Gestaltung des Hauses
mit Fenstern und Türen, Treppe, Bal-
kon oder Terrasse konzentriert sich
ganz auf die Hauptfassade, die sich
meist nach Süden öffnet. Hingegen
sind die nach Norden oder Nord-
osten, also dem Mistral zugewandten
Fassaden meist sehr einfach und ent-
weder fensterlos oder nur mit sehr
kleinen Fenstern versehen. Wie regel-
mäßig und symmetrisch Fenster und
Türen angeordnet sind, spiegelt auch
den sozialen Rang der Erbauer wider:
Während die Herrenhäuser grund-
sätzlich sehr harmonische Fassaden
aufweisen, wirken die der einfachsten
Häuser oft willkürlich und ungeordnet.
Im Inneren steht die Küche traditio-
nell im Mittelpunkt, jedenfalls in den
Wintermonaten. Diese Einschränkung
ist wichtig, weil das Haus in der Pro-
vence stark dem Wechsel der Jahres-
zeiten unterworfen ist: Im Sommer
dient es fast nur als Schlafstätte, wäh-
rend sich das Leben unter freiem Him-
mel abspielt. Der Sankt-Josefs-Tag am
19. März läutet diese Periode ein - oft
mit einem großen Frühjahrsputz; sie
währt traditionsgemäß bis zum Sankt-
Michaels-Tag am 29. September.
le zunächst doch immer Bewohner
nicht nur seines Landstriches, sondern
seines Dorfes. Es verwundert daher
nicht, dass viele Dörfer der Provence
sogar über ein eigenes Wappen ver-
fügen.
Ein anderes Beispiel: Die Trennung
der Räume für Mann und Frau. Der
Dorfplatz ist in dieser Tradition fast
ganz dem Mann vorbehalten, und
zwar nicht nur in der Freizeit. Das
ganze wirtschaftliche und politische
Geschehen eines Dorfes spielte sich
hier ab. Auf dem Platz informierte man
sich über Preise für landwirtschaftliche
Erzeugnisse oder über die neuesten
technischen Errungenschaften, hier
fanden die Märkte statt, hier destillier-
te man seinen Lavendel, versammelte
sich aber auch, um politische Entschei-
dungen zu treffen und zu diskutieren.
Am Platz lagen schließlich die Ver-
sammlungsorte der Männer, allen vo-
ran das Café, dann chambreto und
cercle. Letztere bezeichnen sowohl ei-
nen Verein als auch seinen Versamm-
lungsort, der einem Café ähnelt. Cham-
breto, mehr bäuerlich-populär, und
cercle, eher bürgerlich und politisch,
entstanden im 19. Jh.; es schlossen
sich in ihnen ausnahmslos einheimi-
sche Männer zusammen, die für wür-
dig befunden worden waren und sich
gewissen Einschränkungen unterwar-
fen: gegenseitige Hilfe in Wort und
Tat, korrekte Lebensweise. Gleichwohl
erschienen chambreto und cercle
durchreisenden Fremden nicht selten
als Horte von Ausschweifung und
Faulheit. Verwaltet wurden sie meist
von einem gewählten Rat. Sie doku-
Traditionelles
provenzalisches Dorfleben
Die Eigenarten in der Bauweise sind
vielfach Ausdruck der Mentalität. So
spiegelt die Enge der dicht aneinander
stehenden Häuser und die Gliederung
des Dorfes in Viertel ein ausgespro-
chenes Kirchturmdenken. Wenngleich
es eine Identität, ein Zusammengehö-
rigkeitsgefühl gibt, so ist der Provenza-
 
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