Geology Reference
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2.1. Der Mensch kam ziemlich spät: Entspräche die gesamte Erdgeschichte 24 Stunden,
dann beträte er unseren Planeten nur wenig Sekunden vor Mitternacht.
Der Aktualismus hat die Geologie nachhaltig geprägt und bestimmt auch heute
noch die tägliche Arbeit des Geologen. Seit Alfred Wegener (1880-1930) und seiner
Kontinentaldrit-heorie ist bekannt, dass endogene (innere) Kräte die Platten der
Erdoberläche gegeneinander verschieben. Ihre Reibung aneinander f ü hrt zu Erdbe-
ben , an ihren Kollisionszonen falten sich geologische Schichten zu Gebirgen auf (Oro-
genese) . Im Gegensatz zu diesem als endogene Dynamik bezeichneten Mechanismus
tragen auf der Erdoberläche exogene (äu ß ere) Kräte die Gebirge allmählich wieder
ab. Wasser, Wind und Eis transportieren das abgetragene Material der Schwerkrat
folgend in die Täler, in die Ebenen und schlie ß lich ins Meer. Die exogene Dynamik
erzeugt so eine Vielzahl von Landformen, die geomorphologisch analysiert und klas-
siiziert werden können.
Erst wenn man sich ü ber den Ursprung und die Dynamik der Landformen im Kla-
ren ist, kann man die geologischen Aufschl ü sse richtig deuten und ein zuverlässiges
Bild von der Entstehung der Landschat skizzieren. Erst dann ist man sich der Beson-
derheiten des Untergrundes bewusst, erst dann kann man die richtige Strategie zu
seiner Erkundung wählen und erst dann erkennt man die Risiken, die Eingrife in ihn
bergen.
2.2 Faltung, Verwerfung und Klütung
An den Rändern der kollidierenden Kontinentalplatten werden geologische Schichten
aufgefaltet, ü berschoben, verworfen und zerteilt. Das sich schlie ß lich dem Geologen
entfaltende Bild ist verwirrend, in vielen Fällen irref ü hrend und kaum zu dechifrie-
ren.
Der Schweizer Naturforscher und Zeichner Hans Conrad Escher von der Lindt
(1767-1823) fertigte bereits Anfang des 19. Jahrhunderts eine Vielzahl beeindrucken-
der Aquarelle von alpinen Landschaten an und versuchte dabei, den inneren Aubau
der Gebirge zu verstehen. Sein Sohn Arnold teilte diese Begeisterung und zeichnete
ebenfalls zahlreiche geologische Panoramen und Proile. Schlie ß lich wurde f ü r ihn die
erste Professur f ü r Geologie an der Eidgenössisch Technischen Hochschule in Z ü rich
eingerichtet. Arnold Escher von der Lindt erkannte, dass es im Glarner Land einige
Aufschl ü sse gab, wo älteres Gebirge ü ber j ü ngerem lag, ein Phänomen, das er sich
mit einer gewaltigen Überschiebung zu erklären versuchte (Abb. 2.4). Doch schon
bald zweifelte er an seiner Hypothese und konstatierte 1841, dass die Annahme ei-
ner „colossalen Überschiebung“ doch „auf sehr gro ß e Schwierigkeiten“ sto ß e. Selbst
sein ber ü hmter britischer Kollegen Sir Roderick Impey Murchison, den er 1848 ü ber
den Sengespass f ü hrte und der sogleich die Existenz einer enormen Überschiebung
erkannte, konnte ihn nicht ü berzeugen. Vielmehr konstruierte er ein Proil mit zwei
liegenden Doppelfalten, eine von S ü den, die andere von Norden kommend, die den
im zentralen Bereich anstehenden Flysch einem Tabakbeutel gleich einschlösse (Abb.
2.4). Auslöser dieser Doppelfaltung sei die Kontraktion des Erdkerns, aufgrund derer
sich die Erdkruste wellte und verwarf und dabei Gebirge bildete - so die damalige
Lehrmeinung. Nach dieser Deutung hätten sich die Scheitel beider Falten am Foopass
und am Richetlipass gegen ü ber gestanden.
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