Geology Reference
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1 Rückblick
Dieser Abschnitt gibt einen kurzen Abriss zur Entwicklung der Ingenieur-
geologie. Sie entstand im Schnittbereich der klassischen Geologie und der
Baukunst. Sie entstand aus der Notwendigkeit, Fehlplanungen, Ungl
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cke und Kata-
strophen zu verhindern. Die wichtigsten Ereignisse und Wegbereiter werden vor-
gestellt.
Im Jahre 1874 f
ü
hrt der Österreicher Ferdinand von Hochstetter den Begrif „Ingeni-
eurgeologie“ ein (Heitfeld 1983). Eine angewandt-geologische Disziplin entsteht, die
immer bedeutender wird f
ü
r die Deutung und die Vorhersage geologischer Phäno-
mene wie Rutschungen und Bergsenkungen und die sichere und wirtschatliche Er-
richtung von Ingenieurbauwerken
ü
ber und unter Tage. Ingenieurgeologen der ersten
Stunde wie Albert Heim (1849-1937) stellen in eindrucksvoller Weise die Bedeutung
der jungen Fachdisziplin unter Beweis. Ingenieure erkennen die Notwendigkeit, geo-
logische Vorgaben zu begreifen, um Gr
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ndungsfehler, Bauschäden und Ungl
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cke zu
vermeiden. Diese transdisziplinäre Herausforderung erkennt auch Karl Terzaghi, der
Begr
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nder der modernen Bodenmechanik, der im Jahre 1929 zusammen mit Redlich
und Kampe das Buch „Ingenieurgeologie“ schreibt. Trotzdem konstatiert er noch kurz
vor seinem Tode als einen seiner grö
ß
ten Misserfolge, den Ingenieuren die Bedeutung
der Geologie nicht nahe gebracht haben zu können.
Der Ingenieurgeologe versteht sich als Vermittler, der die Wissensl
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cken
ü
ber-
br
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ckt, die zwischen den geologischen Fakten und der Planung des Ingenieurs klaf-
fen. Diese Wissensl
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cken haben allzu ot zu dramatischen Unfällen, ja Katastrophen
gef
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hrt wie etwa im Jahre 1963, als die Vajont-Talsperre in den italienischen Alpen
errichtet wurde. Nach Fertigstellung der spektakulären Bogenstaumauer, eine zu je-
ner Zeit sensationelle Ingenieurleistung, wurde das Staubecken aufgef
ü
llt. Noch vor
Erreichen des Stauziels rutschte jedoch eine Gebirgslanke in das Staubecken. Eine ge-
waltige Flutwelle
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bersp
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lte die Staumauer und zerstörte das talabwärts liegende Dorf
Longarone. Über 2000 Menschen kamen ums Leben. Drei Jahre später kam es in der
englischen Revierstadt Aberfan zu einer folgenschweren Rutschung: Die Böschung
einer Abraumhalde ging zu Tal und begrub mehrere Gebäude, darunter eine Schule.
144 Menschen starben, darunter viele Schulkinder. Unter dem Eindruck dieser Kata-
strophen begann man umzudenken. Bereits 1964 wurde die
International Association