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So sind sie eben, zupackend, nicht
lange herumredend. Rheinische Kom-
munikationsfreude kommt nicht auf.
„Dat is een Schnacker!“ (Das ist ein
Schnacker) gilt als abfällige Wertung.
Ein Schnacker ist jemand, der viel redet
und wenig macht, der nur rumdröhnt
und alles andere als zuverlässig ist. Für
den ein „Jo“ eben kein „Jo“ bedeutet.
Kennen Sie den: Zwei Fischer hocken
am Tresen, schweigen sich an. Zum
Nachbestellen werden nur zwei Finger
gehoben - abwechselnd, weil, das ist ja
gerecht. Nach ein paar Stunden sagt ei-
ner der beiden: „Tjaaaa, neeech!“ Sagt
der andere: „Wat sabbelst du bloß heut
wieder so viel!“ So sind sie oder besser
gesagt, so sind sie auch, die Holsteiner,
schweigsam und nicht aus der Ruhe zu
bringen.
Eigentlich ganz normale Leutchen
eben, obwohl, feine Trennlinien gibt es
schon. Erzählte doch meine Marktfrau
neulich: „Die Neue, die konnt ich nich'
gebrauchen. Die kam aus 'ser Stadt!“ Ge-
meint war „meine“ Stadt, und das erklär-
te alles. Sie, die Neue, war natürlich un-
zuverlässig, typisch Städterin eben. Und
die Marktfrau? Sie kam vom Dorf, nicht
mal 5 km entfernt.
geräumt werden. Aber das gelang nicht, Ge-
rät fehlte ebenso wie Know-how, außerdem
schneite es immer noch. Selbst Panzer ka-
men nur mühsam voran.
An der Westküste bei Niebüll „strandeten“
über 1000 Menschen (viele Sylt-Urlauber),
die wegen des Fahrverbots hängengeblie-
ben waren. Sie mussten irgendwie unterge-
bracht werden. Auch in Dänemark hingen
Autofahrer fest, sie durften die Grenze nicht
passieren wegen des Fahrverbots. Der NDR
sendete pausenlos Tipps und Nachrichten,
für die gesamte Bundeswehr gab es einen
Alarmplan. Das Schlimmste war: Es fehlten
Schneeräumer. Auf Sturmfluten ist das Land
vorbereitet, aber auf Schnee nicht. Im be-
nachbarten Dänemark gab man den Versuch
der Räumung ganz pragmatisch auf. Hat eh
keinen Sinn, warten wir auf Tauwetter. Aber
auch das gab es: Die Menschen rückten en-
ger zusammen, halfen sich gegenseitig.
Tauwetter kam dann endlich und ließ die
Schneeberge langsam verschwinden. Am
13. Februar trafen Sturmflut, Schnee und
Kälte jedoch abermals zusammen, erneut
wurde Katastrophenalarm ausgelöst.
Die Bilanz beider Unwetter: 14 Tote und
Schäden von umgerechnet 72 Mio. Euro. Na-
türlich ging es danach nicht ohne Kritik ab.
Man warf sich gegenseitig Inkompetenz und
mangelnde Verantwortung vor. Skandinavier
und Alpenbewohner brachten ihre Sichtwei-
se auch noch ins Spiel, nämlich das Schnee
ein Naturphänomen sei und alles eine Frage
der Vorbereitung. Das mag so sein, aber
wann schneit es schon mal derart in Schles-
wig-Holstein? Seit 1979 jedenfalls nur einmal
halbwegs ähnlich: im Jahr 2010!
Dithmarscher und Friesen
Komplizierter wird es nördlich vom Ka-
nal. Da wohnen die Dithmarscher (un-
ten) und die Friesen (oben). Beide leben
seit Jahrhunderten an der Westküste.
Und doch entwickelten sie sich anders.
Die Friesen wurden Seeleute, die Dith-
marscher Bauern. Ziemlich allgemein,
was? Natürlich betrieben auch die Frie-
j Ein sehr seltenes Bild in Schleswig-Holstein
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