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Seit Menschengedenken wurde auf
dem einst zerklüfteten Königstein ge-
baut. So entstand über Jahrhunderte die
heutige Kleinstadt auf dem Plateau. 1515
wurde der Königstein zum Kloster um-
gewandelt, die Reformation beendete
1524 dieses Kapitel.
Das folgende dauerte deutlich länger:
Nutzung und Ausbau des Königsteins als
Festung und Kaserne. Womit beginnt
ein Festungsbau? Mit dem Graben eines
Brunnens! 1563 begannen die Arbeiten
unter Leitung des Freiberger Bergmeis-
ters Martin Planer. Nach sechs Jahren, in
139 Metern Tiefe, stießen die Brunnen-
bauer auf Wasser. Letztlich grub man
den Brunnen in eine Tiefe von 152,47
Meter; das sind immer noch 88 Meter
über dem Elbspiegel. Das Wasser wurde
zuerst mit Pferdegöpel und Kübel he-
raufgeholt, später mit einem Tonnenhe-
bewerk - angetrieben von Menschen,
Ochsen, Dampf und Elektroenergie.
Von 1590 an wurde der Königstein
von über 500 Bauleuten zu einer der
stärksten Festungen des Landes ausge-
baut. Auch die Festung blieb nie ganz
ohne Baustelle. Sie galt als uneinnehm-
bar. Doch weder im Dreißigjährigen
noch im Siebenjährigen Krieg wurde sie
als militärisches Objekt ernsthaft auf die
Probe gestellt. Angeblich als Trutzburg
gegen Angreifer hochgemauert, bewähr-
te sich die Festung als Gefängnis für
Oppositionelle, Kriegsgefangene und in-
ternierte Militärs. Zwischen 1591 und
1922 saßen auf Königstein über 1000
Häftlinge ein.
Prominente Gefangene: Johann
Fried rich Böttger (1682-1719), der Meis-
ter des europäischen Porzellans, der rus-
sische Anarchist Michail Bakunin (1814-
1876) mit vielen anderen Barrikaden-
kämpfern des Dresdner Maiaufstandes
von 1849, der wegen „Vorbereitung zum
Hochverrat“ verurteilte Sozialdemokrat
August Bebel (1840-1913), der Dichter
Frank Wedekind (1864-1918) und der
Mitbegründer der Kommunistischen
Partei Deutschlands, Fritz Heckert
(1884-1936). Während des Zweiten
Weltkrieges waren auf der Festung fran-
zösische Offiziere festgesetzt. Seit 1940
lagerte in den Kasematten ein Teil der
Bestände der Dresdner Gemäldegalerie
und des Grünen Gewölbes.
Nach dem Krieg war die Festung eini-
ge Jahre Jugendwerkhof (Gefängnis);
dann ließ das Institut für Denkmalpflege
sie restaurieren. Seitdem ist Königstein
als militärhistorisches Freilichtmu-
seum eines der beliebtesten Ausflugszie-
le in der Sächsischen Schweiz.
Einer der ersten Gefangenen war der
sächsische Kanzler Nikolaus Krell
(1551-1601). Der aus Leipzig stam-
mende Anhänger der calvinistischen
Lehre hatte in der Regierungszeit von
Kurfürst Chris tian I. politisch-huma-
nistische Reformen im Staatswesen
durchgesetzt, die auf eine Stärkung
der lan desherr lichen Zentralgewalt
und des Bürgertums bedacht waren,
gegen die Dominanz von Kirche und
Adel. Nach dem frühen Tod Chris -
tians I. ging die Reaktion in die Offen-
sive. Krell wurde verhaftet und auf den
Königstein gebracht. Während er im
„Krellturm“ auf den Prozess wartete,
wurden seine Reformen gekippt und
die Calvinisten im Lande verfolgt.
1601 wurde Krell in Dresden mit dem
Fallbeil hingerichtet.
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